piwik no script img

Humor an der Universität

■ Interdisziplinäres Projekttutorium an der FU will ernsthaft und humorvoll Humorforschung betreiben / Neue „Theorie der humoristischen Kompetenz“

Universalhistorisch, globalfuturologisch, mundwinkelgrinspraktisch und intergalaktodisziplinlos - mit diesem Anspruch tritt die kritisch-interdisziplinäre Humorforschung an, der traditionell-ernsten Wissenschaft den Garaus zu machen. Angefangen hat das Ganze als Autonomes Seminar während des Unistreiks 1988/89, inzwischen sind die Humorforscher zu einem von der FU geförderten studentischen Projekttutorium aufgestiegen. Die taz sprach mit Brigitte, Ferdinand, Steffen, Studenten an der Freien Universität, darüber, wie sie sich die wissenschaftlich-ernste Beschäftigung mit dem Lachen vorstellen.

taz: Interdisziplinäre Humorforschung - soll das ein Witz sein?

Brigitte: Eigentlich ist unser Projekt ein intergalaktisches Humorforschungsprojekt, weil wir die sozialwissenschaftliche Begleitforschung zur Weltraumforschung sind und mit einem ähnlichen Universalitätsanspruch auftreten.

Und das soll intergalaktisch sein?

Brigitte: Intergalaktisch ist die Hoffnung, daß wir eines Tages Kontakt aufnehmen können, um auf der Seite der Rezipienten die grünen Männchen auch mal in den Status der Witzeerzähler zu heben. Wir haben uns gedacht, wenn wir das entsprechend verbreiten, dann kommen die irgendwann und erzählen uns Mars- oder Venuswitze.

Steffen: Deine Frage bedeutet ja schon, daß du die Uni als völlig humorlose Institution begreifst. Wir stecken da nun drin, und deswegen wollen wir entsprechende Gegenschläge vorbereiten. Wir wollen versuchen, wobei wir uns über die Wege noch nicht ganz schlüssig sind, einerseits auch wirklich humoristisch Wissenschaft zu betreiben und andererseits die Sache auch ganz ernst zu sehen. Das ist ein Drahtseilakt, auf dem wir uns da bewegen. Wir wollen versuchen, sowohl von der Methode als auch vom Ziel her, die Wissenschaft etwas fröhlicher und lustiger anzugehen.

Wie kann man sich denn ernsthaft mit Humor beschäftigen?

Steffen: Man kann sich erstmal hinsetzen und versuchen auszumachen, wer denn wie welchen Humor mag und wer was komisch findet und dann kann man gleichzeitig auch ein Literaturstudium laufen lassen, denn es gibt eine ganze Menge Literatur zum Thema, wenn auch ziemlich verstreut.

Also, ihr fangt an und erzählt auch eure Lieblingswitze?

Steffen: Ja.

Brigitte: Nein, genau das wollen wir vermeiden. Es gibt natürlich in der Psychoanalyse auch die Methode, daß Psychoanalytiker über den Lieblingswitz des Patienten versuchen, an dessen Schwierigkeiten heranzukommen. Da wir dieses methodische Herangehen vermeiden wollen, werden wir nicht mit unseren Lieblingswitzen anfangen, aber vielleicht auch einfach mal zusammentragen, was alles unter Humor subsumiert wird, was rausfällt, aus welchen Gründen es rausfällt...

Ferdinand: Ich wollte noch auf das Verhältnis ernsthafte Wissenschaft und Humor eingehen. Es gibt ja durchaus schon eine wissenschaftliche Erforschung von Humor, die sehr alt ist und in der auch verschiedene Selbstverständnisse - oder Mißverständnisse - von Wissenschaft zum Tragen kommen. Ein Merkmal von solchen Arbeiten ist oft, daß den Leuten auffällt, das ist ja was Komisches, worüber wir jetzt forschen wollen, und dann fällt ihnen auf, Wissenschaft ist aber ernst, und das ist ein Widerspruch: auf ernste Weise etwas Komisches erforschen zu wollen. Wie wird das gelöst? Überhaupt nicht!

Was ist denn euer Ansatz?

Ferdinand: Wir hatten zum Beispiel die Idee, in Anlehnung an Habermas und seine Theorie der Kommunikativen Kompetenz eine Theorie der humoristischen Kompetenz zu entwerfen und da verschiedene Dimensionen zu unterscheiden. Zunächst einmal ist Humor eine Fähigkeit. Bei des Eskimos gab es zum Beispiel - zum Teil gibt es sie auch noch - Witzduelle, in denen diese Menschen ihre sozialen Konflikte untereinander austragen.

Interview: Jolly Joker

Das interdisziplinäre Humor-Forschungsprojekt trifft sich jeden Montag von 14 bis 16 und von 18 bis 20 Uhr in der Rostlaube, JK24/140. Informationen auch unter Tel.: 612 14 17.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen