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Tragikomödie im Müslimilieu

■ Die Büffelfänger, West 3, 22.30 Uhr

Wo ist die Toleranz gegenüber dem Andersartigen am größten? In der Wohngemeinschaft. Falsch. Und das liegt nicht unbedingt an der miefigen Socke neben der Käseglocke oder am Speiseplan-Duell zwischen Dinkel-Burger und Fritten rot -weiß. Die Durchschnittswohngemeinschaftsbesatzung verdaut zwar mehr als andere Einrichtungen sozialen Zusammenlebens, aber wer gegen die ungeschriebenen WG-Gesetze verstößt, kann das auch mit drei Sonderschichten im Abwasch kaum wettmachen.

Karl landet auf der Straße, und von oben regnet es Müll Reste seiner Habseligkeiten, die er in einem Köfferchen verstaut, bevor er sich davonstiehlt. Der Rausschmiß im hohen Bogen ist sozusagen die eskalierte Variante der freien Aussprache im Gemeinschaftszimmer. Natürlich hat das WG -Gericht es sich nicht leicht gemacht, aber Karl hat wirklich nichts, rein gar nichts zur Klärung beigetragen. Wie eine Made im - selbstverständlich ökologisch gemästeten

-Schweinespeck hat sich der schrullige Mann bei den gutgläubigen Kommunarden eingenistet. Nun schmarotzt er, was der Kühlschrank hergibt. Und dann noch dies, geschwollen redet er daher, pißt in einen Kübel, den er in der Zimmerecke aufgestellt hat; manchmal verbrennt er seine Zeichnungen und wärmt sich an dem offenen Feuer, das er auf den Dielen entzündet hat, die Hände. Propheten gelten wenig, vor allem, wenn sie sich so störrisch jeglicher Gruppendynamik entziehen. Karls Botschaft vom bevorstehenden Ende der Zivilisation, die an ihrem eigenen Müll erstickt, wird einfach wegdiskutiert in den viel entscheidenderen Debatten darüber, wer den letzten Löffel Suppe auslöffeln darf.

Indem Michael Hammon seinen Film Büffelfänger im WG -Milieu ansiedelt, gelingt ihm eine spöttische Tragikomödie auf die ach so große Toleranz bei abgeklärten Mammonverächtern und Müsliliebhabern. Und zwischendrin rülpst sich diese Welt im Zeichentrick und Zeitraffer zu Tode. Wohl bekomm's.

boy

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