: Selbstverwirklichung hat einen Preis
■ Über die Verdienste deutscher Intendanten
Es liegt was in der Luft: Das 'Zeit-Magazin‘ hat diese Woche ein Geld „Special„, die 'Faz‘ wartete am 7.11. auf mit der periodischen Beilage Geist und Geld, die 'Frankfurter Rundschau‘ brachte am 8.11. einen Bericht über Finanzorganisation und Gehälter beim 'Spiegel‘ - und 'Theater Heute‘ schließlich eröffnet sein Novemberheft mit einer umfangreichen, an Präzision nicht zu übertreffenden Recherche über „Geld und Gagen an den deutschen Theatern“. Dort ist zu erfahren, was wir immer schon geahnt haben: Geist und Geld befinden sich in inniger Umarmung, wenn es sich beim erstgenannten Partner um einen männlichen Intendanten und/oder Regisseur, vorzugsweise Alt -Achtundsechziger, handelt, der an einer mittleren bis großen deutschen Bühne die Verwirklichung seiner selbst betreibt. Die Spitze der Skandalriege bildet Peter Zadek, der sich zusätzlich zu seinem jährlichen Gehalt von 250.000 DM am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg jede Inszenierung mit 70.000 DM selbst vergütet und für zwei Gastregien in Wien und Berlin (selbstredend während der Hamburger Arbeitszeit) mehr als 150.000 DM an Gage erhielt. Intendant Heribert Sasse erhält in Berlin (Staatliche Schauspielbühnen) als Grundgehalt 217.600 DM plus 12.000 DM Aufwandsentschädigung und gut 30.000 DM pro Inszenierung; Jürgen Flimm bezieht als Intendant des Thalia Theaters in Hamburg 150.000 DM Jahresgehalt plus 45.000 DM pro Regie und hat beiläufig das Recht auf eine Gastinszenierung pro Saison an einem anderen Theater. Im scharfen Gegensatz hierzu stehen die Gagen der Schauspieler: Die besten Monatsgagen im Thalia Theater beispielsweise liegen bei 8.500 DM, Anfänger beginnen mit 2.500/2.700 DM, ab dem 3.Jahr im Engagement werden über 3.000 DM bezahlt. Überraschend hoch liegen die Verdienste der Bühnenbilder, die wie Achim Freyer, Axel Manthey und andere ihre volldotierten, pensionsgesicherten Professuren an Staatlichen Kunstakademien innehaben - „ohne sich dafür“, so 'Theater Heute‘, „von ihren Bilderfindungen und Regien allüberall in der Theaterwelt nur mehr als stundenweise während eines Semesters ablenken lassen zu müssen. Einerseits mit Beamtenstatus versehen, genießen sie fast unbeschränkte Urlaubs- und Doppelverdienst -Privilegien.“
Dem 'Rundschau'-Bericht über den 'Spiegel‘ ist zu entnehmen, daß auch dort für das, was die Herren im Kopfe haben, gut bezahlt wird: Je 1,8 Millionen Jahresgehalt für die beiden Chefredakteure, 400.000 DM für zwei Altgediente, mehr als 200.000 DM für die anderen Ressortleiter. Jedoch ist der 'Spiegel‘ ein Unternehmen, das sich nicht über Steuergelder finanziert und dessen Mitarbeiter (wie bei allen anderen Printmedien) am Ertrag ihrer Arbeit anders gemessen werden, als dies bei Intendanten des Theaters (oder auch Fernsehens) üblich ist. Auch gibt es da so etwas wie Arbeitspflicht, eine Maßgabe, die auf den Gipfeln der Theaterwelt in Vergessenheit geriet. August Everding, Generalintendant der Bayerischen Staatstheater, wurde 1982 „ohne direkte Leitungsaufgaben sogleich mit freier Wohnung im Schloß Grünwald und einem Anfangsgehalt von gut 300.000 DM bedacht“. ('Theater Heute‘) Das Grundgehalt läuft auch weiter, wenn Everding in New York, Sidney oder anderswo inszeniert, beispielsweise im bekanntlich gutsituierten Polen, wo er für eine Inszenierung des Ring in Warschau 60.000 Dollar nicht nur gefordert, sondern auch bekommen hat.
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