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ERNO-Kongreßzentrum eingeweiht

■ Bei der Einweihung eines ERNO-Kongreßzentrum rechtfertigte der DARA-Chef die Raumfahrt-Kosten

Mit Simultan-Dolmetscher-An anlage, Videokonferenz-Anlage, Weltzeituhr und komfortabler elektroakustischer Anlage ist das neue Konferenz-Zentrum ausgestattet, das auf dem Gelände der MBB-ERNO -Raumfahrtgesellschaft gestern eingeweiht worden. 300 Herren in grau-schwarz, darunter auch hin und wieder eine Dame, waren zu der feierlichen Veranstaltung gekommen - die Creme der europäischen Raumfahrt-Partner. Sie hörten Mozart, Grußworte und einen Vortrag des Generaldirektors der Deutschen

Agentur für Raumfahrt Angelegenheiten (DARA), Prof. Dr. Wolfgang Wild.

In dem neuen Gebäude können auf einer Büro-und Nutzfläche von 9.000 Quadratmetern die 300 Erno-Mitarbeiter heimgeholt werden, die bisher aus Platzgründen in die Industriestraße ausgelagert waren. Die ERNO verspricht von dem Bau, daß wichtige Konferenzen etwa für die neuen europäischen Programme Columbus und Ariane 5 in Bremen komfortabel abgehalten werden können.

Der Festredner Prof. Wild kam in seiner Rede ohne viel Umschweife direkt auf die große Sorge der Raumfahrt -Wissenschaftler, die immensen Kosten, zu sprechen. Man solle darauf verzichten, Argumente zu bringen, die einen „taktische Vorteile“ versprechen aber „auf längere Frist nicht haltbar sind“, sagte Wild. Der „unmittelbare spin-off“ -Effekt rechtfertige die Raumfahrt „weniger“.

Für Raumfahrt würden in der Bundesrepublik nur 0,041 % des Bruttosozialproduktes ausgegeben (USA: 0,56%), der Anteil der Raumfahrt an den Gesamtkosten für Forschung und Entwicklung betrage 2,5%. „Diese Relationen sollte man sich vor Augen halten, bevor man gegen die eminent teure Raumfahrt polemisiert.“ Das Bundesministerium für Forschung und Technologie hat 1989 1290,8 Millionen Mark für die Raumfahrt bereitgestellt.

Zur „Legitimation“ der Raumfahrt trug der DARA-Chef Argumente vor, die der versammelten Festgemeinde hinlänglich bekannt gewesen sein dürften: „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ seien in der Extraterrestrik „große Beiträge zu neuen, grundlegenden Erkenntnissen“ zu erwarten, eine „wirtschaftliche Anwendung der so erworbenen astrophysikalischen Einsichten ist allerdings in absehbarer Zeit nicht zu erwarten“. Man müsse die Aufwendungen für diese Forschungen als „Verpflichtung“ sehen, „am Gewinn

reiner Erkenntnis orientierter Grundlagenforschung“ zu fördern - „ebenso wie .. die Kunst“.

Auch von der Mikrogravitations-Forschung sei greifbarer Nutzen nicht in einem Maße zu erwarten, das allein z.B. das Columbus-Projekt rechtfertigen würde. Anders sei es nur bei der Erdbeobachtung durch Satelliten und vor allem bei der Entwicklung der Telekommunikations-Satelliten.

Wilds Fazit: Kluge Gegner der Ausgaben unterscheiden klar zwischen der „bemannten“ und der „unbemannten“ Raumfahrt. Die Projekte Ariane 5, der Raumgleiter Hermes, die Station Columbus und der Raumtransporter „Sänger“ sind aber die Großprojekte, die die hohen Summen verschlingen. Sie seien „zunächst“ mit einem „politischen Argument“ zu rechtfertigen, meinte Wild: Diese bemannten Projekte seien so kostspielig, daß sie national nicht finanzierbar seien. „Die bemannte Raumfahrt ist also ein Stimulans erster Ordnung für die internationale Zusammenarbeit.“

Wild sah auch praktische Argumente wie die Wartung von unbemannten Satelliten durch Raumstationen, das „gravierendste Argument“ sei für ihn allerdings die in den Projekten liegende „technologische Herausforderung allerersten Ranges. Ein Land, das sich dieser Herausforderung entzieht, dürfte über kurz oder lang technologisch zurückfallen“.

K.W.

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