: Der Jäger bläst ins Horn
■ Liberale Kritik am Bremer Landeshaushalt 1990
Zum Haushaltsentwurf falle ihm nur ein: „Same procedure as every year“, meinte der Fraktionsvorsitzende der FDP Claus Jäger. In seiner Kritik am neuen Bremer Finanzplan schmückte er seinen Silvesterspruch dann etwas genauer aus.
Mit 845 Millionen Mark Investitionen lägen die Bremer für ihre Verhältnisse relativ hoch , jedoch immer noch 140 Millionen Mark unter der Neuverschuldung. Zu dieser Differenz müßten „bei einer seriösen Veranschlagung“ zusätzlich die Mittel addiert werden, die vom Bund kommen. Im Landeshaushalt gehören sie zur Zeit in den Investitionsposten. Die Schere zwischen Nettoinvestitionen und Neuverschuldung betrage unter dieser Voraussetzung mindestens 300 Millionen Mark, und das sei nicht im Sinne des Bundesverfassungsgerichtes: Die Karlsruher Richter hatten nämlich festgelegt, daß die Verschuldung die Investitionen nicht übersteigen dürfen.
Trotzdem werden die Freidemokraten nicht gegen den Haushalt klagen. Das Diktum des Finanzsenators jedoch, im nächsten Jahr könne sich dieses Mißverhältnis vermeiden lassen, hielt Jä
ger „für völligen Blödsinn“. „Bremen kann seinen Haushalt aus eigener Kraft nicht mehr ins Gleichgewicht bringen“, orakelte der Oppositionspolitiker. Dazu reichten auch nicht die Gelder aus Länderfinanzausgleich und Strukturhilfefond.
Der Liberale hatte sich vor allem den Bereich Personalkosten im Finanzplan ausgeguckt. Die 400 neuen Stellen, die darin veranschlagt werden, könnten in den Bereichen Kindergärten, Schulen und Polizei durchaus von der FDP getragen werden. Nicht jedoch die 40 neuen Posten im Umweltressort, die Stellen für Dagmar Lills Behörde oder der „organisatorische Wasserkopf NOSD“. Und weil die ursprünglichen Stelleneinsparungen durch die Automatisierung des öffentlichen Dienstes ohnehin ausgeblieben sind, lüftete Jäger gleich das Allheilmittel der Personalkostendämpfung: die Privatisierung öffentlicher Unternehmen. Harsche Kritik übte Jäger auch am Bürgermeister: Der statte sich materiell so aus, daß er sich als Senator von dieser Seite keine Sparvorschläge gefallen lassen würde. „Wedemeier ist in Sachen Sparen kein Vorbild.“
mad
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