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Keine Autobahn an der Mauer

■ Staatssekretär Groth prognostiziert eine Million Autos in Berlin für das Jahr 2000 / Im neuen Flächennutzungsplan wurden mehrere Straßenplanungen gestrichen

„Solange es einen rot-grünen Senat gibt, wird aus dem Mauerstreifen keine Autobahn“, distanziert sich Klaus-Martin Groth, Staatssekretär der Umweltverwaltung gestern auf einer Pressekonferenz von einem Ostberliner Vorschlag. Nicht nur dort soll Berlin betonfrei bleiben: Im Flächennutzungsplan sollen mehrere große Straßenplanungen gestrichen werden. Ab Montag können sich Bürger und Verbände sechs Wochen darüber bei der Umweltverwaltung informieren und Einwendungen hinschicken.

Gestrichen werden soll vor allem die umstrittene geplante Verlängerung der Westtangente durch den Tiergarten als mehrspurige Schnellstraße. „Die 500 Millionen, die der Tunnel dafür kostet, können wir gerade jetzt für etwas anderes gebrauchen“, sagt Groth. Vorbei sein soll es auch mit der Planung der Bundesstraße B 101 durch Steglitz, der Verlängerung der Spandauer Paulsternstraße und der Autobahnverlängerung durch Neukölln. Letzeres ist freilich umstritten. So hat sich das Neuköllner Bezirksamt einschließlich des SPD-Bürgermeisters Bielka, die CDU und Bausenator Nagel (SPD) für die Autobahn ausgesprochen. „Nagel kann seine Einwendungen gerne an unsere Verwaltung schicken“, hieß es dazu gestern. Die autogerechte Stadt sei ein Irrweg, das erzeuge nur immer mehr Verkehr, selbst in Los Angeles plane man jetzt die autofreie City. „Nach den Prognosen wird West-Berlin um die Jahrtausendwende eine Million Autos haben, 300.000 mehr als bis jetzt. Die brauchen zum Parken eine Fläche dreimal so groß wie der Tiergarten“, meinte Groth. Da müsse man gegenhalten. Begrüßt wurde die Trassenstreichung von der BI Stadtring Süd wie auch von der BI Westtangente. Letztere forderte gar, das Schöneberger Autobahnkreuz zum Dreieck zurückzubauen.

Ausgeklammert aus der Bürgerbeteiligung wird vorerst der gesamte zentrale Bereich einschließlich des Lenne-Dreiecks und des Potsdamer Platzes. Darüber diskutiere man erst mal im Senat und mit den Ostkollegen. Man werde ein - bezahltes

-Gutachten bei Ostberliner Wissenschaftlern in Auftrag geben, wie der Grenzstreifen und der Potsdamer Platz zu beplanen sei, sagte Groth. Drin in der Bürgerbeteilung sind die 70 Hektar, die West-Berlin nach dem Gebietsaustausch letztes Jahr bekommen hat.

Die interessierte Bürgerin kann sich nunmehr informieren lassen in den Räumen der Umweltverwaltung in der Jebenstraße 2 neben dem Bahnhof Zoo, Montag und Donnerstag von 10 bis 20 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 17 Uhr, und zwar bis zum 26.Januar. Auch in den Rathäusern der neun betroffenen Bezirke finden bis dahin Ausstellungen statt. Es gibt dort Broschüren in deutscher und türkischer Sprache sowie Formblätter für Einwendungen.

esch

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