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Gehaltloses aus der Bürgerschaft

■ Puddinge an der Wand und Matschiges in der Lobby

„Geistig matschig“ fühlt sich der Kollege und sieht auch schon ganz elend aus. Kein Wunder, hat er doch dreieinhalb Tage in der Bremischen Bürgerschaft Dienst geschoben. Das schlägt auf's Hirn, das greift ans Herz, das ist nicht auszuhalten. Auch den Damen und Herren Abgeordneten ist dies ziemlich deutlich anzumerken. Stadtbürgerschaft steht auf der Tagesordnung, dazu noch der Tagesordnungspunkt „Fragestunde“, da kann geblödelt werden, daß die Schwarte lacht. Worüber, ist dann auch schon ziemlich egal.

„Verstehe ich ihre Antwort richtig, daß sie meine Frage bejahen“, will zum Beispiel der CDU-Abgeordnete Günter Klein von Wirtschafssenator Beckmeyer wissen, nachdem der wortreich ausgeführt hatte, daß es beim Ticket-Service -Center „Anlaufschwierigkeiten gegeben habe, die aber bald behoben seien.“ Also: Ist TSC nun gescheitert oder nicht? Beckmeyer glaubt nicht. Klein: „Entspricht ihr Glaube ihrem Wissen?“ - „Meiner Zuversicht.“ Aha.

Das Ritual der Fragestunde ist ein einfaches. Die Abgeordneten begehren vom Senat eine Antwort, möglichst präzise. Und der bemüht sich seinerseits möglichst ausweichend zu antworten. Was wiederum die ParlamentarierInnen dazu veranlaßt, durch mehr oder weniger kluge Nachfragen den Senator zu veranlassen, doch noch der ganzen, reinen, lauteren Wahrheit die Ehre zu geben. Was der natürlich seinerseits überhaupt nicht einsieht. Je geschickter er auszuweichen versteht, umso höher steigt er wiederum in der Achtung der Fragenden. So gesehen ist inzwischen auch Uwe Beckmeyer senatorabel. Das bewies er, als die Abgeordneten Schrörs, Klein und Jahncke versuchten, einen Pudding an die Wand zu nageln. Und wie sie auch fragten, er schwabbelte weg.

Da kam erst Stimmung auf, als die Abgeordnete Jahncke sich beschwerte, daß der Präsident Klink sie übersehen und statt dessen den Kollegen Klein vorgezogen hatte. Klink: „Ich tat es mit Rücksicht auf das hohe Dienstalter.“ Jahncke dagegen: „Darf ich davon ausgehen, daß hier der Trottelparagraph gilt.“ Nein, Frau Abgeordnete dürfen sie nicht. Das kleine Indiz, das der Abgeordnete zuvor den Präsidenten mit dem Bürgermeister verwechselt hatte, ist für eine solche Behauptung nicht hinreichend ausreichend.

Absolut mangelhaft dagegen das Engagement des Grünen Martin Thomas. Der hat beschlossen, damit ihm die grünen Kollegen nicht immer „Pressegeilheit“ vorwerfen, auf unbestimmte Dauer ganz einfach mal den Mund zuhalten. Was, wie hiermit bewiesen ist, manchmal auch nicht weiterhilft. Ihm die goldene Zitrone, uns anderen ein wochenendlicher Weg aus der Matschigkeit,

wünscht Rosi Roland

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