: Mit 120 vom Hafen zum Flugplatz
■ Verwaltungsgericht Gericht weist Klagen gegen neue Autobahn Nummer 281 zurück
Eines der größten Straßenbaupro jekte in Bremen macht Fortschritte. Jedenfalls auf dem Papier, auf dem üblicherweise Gerichtsurteile geschrieben werden: Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat jetzt die vorerst letzten rechtlichen Hürden für den Bau der neuen Bundesautobahn 281 und ihren Anschluß an die bestehnde A 27 aus dem Weg geräumt. Auf 28 eng beschriebenen Seiten haben fünf haupt- und zwei ehrenamtliche Richter aufgeschrieben, warum auch sechs Landwirte mit dem 1. Bauabschnitt des Riesenprojekts leben müssen. Die sechs Blockland-Bauern hatten gegen die Behördenpläne geklagt, weil durch die vorgesehene Trassenführung und die fälligen Naturschutz -Ausgleichsmaßnahmen auch ihre privaten Weideflächen mit öffentlichem Beton belegt werden sollen. Vor Gericht mußten sich die sechs jetzt belehren lassen, daß überregionale Verkehrsinteressen im Zweifelsfall Vorrang vor persönlicher Bullenmast und Heuernte haben. Ihre Klagen, so das Gericht wörtlich, seien zwar „zulässig aber unbegründet“. Die Behördenplaner im Amt für Straßen- und Brückenbau haben in „formeller und materiell-rechtlicher Hinsicht“ saubere Arbeit abgeliefert. Klartext: Wenn die betroffenen Bauern ihre Viehweiden jetzt nicht freiweillig verkaufen, droht ihnen ein Zwangsenteignungsverfahren. Nur der Rechtsweg in die nächste Instanz steht ihnen offen.
Mit dem gigantischen Gesamtstraßenbauprojekt soll irgendwann eine direkte Anbindung von der A 27 auf der rechten Weserseite zur A 1 auf dem linken Weserufer geschaffen werden. Erstes, bislang in Bremen leibhaftig zu bewunderndes Beton-Denkmal
des eines küngftigen Autobahngürtels rund um Bremen: Kurz hinter der Autobahnabfahrt „Industriehafen“ ist schon heute eine Großbaustelle zu bestaunen. Ihren tieferen verkehrspolitischen Sinn noch schamhaft verbergend, wächst hier zur Zeit eine riesige Brücke in Höhe und Breite - vorne nichts, hinten nichts und in der Mitte Beton. Sie soll später Teil der sogenannten „Eckverbindung Bremen“ mit einer Abzweigung der A 27 auf der Höhe des Klöcknergeländes vorbei am Hafengebiet und von dort aus über die Weser ins Niedervieland werden. In Strom soll diese Querspange dann auf die ebenfalls neugeplante A 281 treffen. Die A 281 selbst soll dann auf dem linken Weserufer vom Niedervieland durch Woltmersshausen und die Neustadt bis zur A 1 in Höhe der Abfahr Arsten führen.
Ziel des Gesamtprojekts: Die Entlastung der Wohnstraßen in Gröpelingen und Walle vom Hafen-und Klöckner -Schwerlastverkehr. Zusätzliche Beruhigung der Wohnstraßen erhoffen sich die Stadtplaner vom Ausbau der Hafenrandstraße, auf der in Zukunft die dicken Brummer durchs Gewergebiet statt durch die Waller und Gröpelinger Heerstraße donnern sollen.
Eindeutige Opfer dieser Verkehrsplanung - neben den sechs vor Gericht jetzt abgeblitzten Bauern: Schon im ersten Bauabschnitt - der Verbindung der A21 mit der Hafenrandstraße - müssen Libellen und Amhibien im Blockland dem Autobahnbeton weichen. Im Bereich der A 27-Auffahrt - im Behördenjargon „Trompete“ oder auch „Ohr“ genannt - befindet sich außerdem ein kleiner Kanal, das Maschinenfleet, das bislang Fischen und Wasservögeln Raum für Brut
und Beutesuche bot und wegen der geplanten Trassenführung verlegt werden soll. Im entsprechenden Planfeststellungsbeschluß der Baubehörde heißt es dazu: „Die Lebensräume der Tiere im Blockland werden eingeschränkt, das Brutgebiet westlich der A 27 geht für Wiesenvögel vollständig verloren. Aber auch für die Amphibien werden die Lebensräume empfindlich verkleinert.“
Als (gesetzlich vorgeschriebenen) Ausgleich will die Behörde Fröschen, Fischen deshalb ein neues, „naturnah gestaltetes“ Maschinenfleet mit extra „flachen Uferzonen“ und einem funkelnagelneuen „Altarm“ anbieten. Außerdem soll rund um den
Grambker Feldmarksee künftig „Angeln verboten!“ und benachbarte Grünflächen in „Feuchtgrünland“ verwandelt werden.
Urteil der Richter über die Behördenplanung: Planziele „legitim“ und „vernünftigerweise geboten“, öffentliche und private Belange „angemessen“ erkannt und zutreffend gegeneinader „abgewogen“, „zerstörte Werte und Funktionen des Naturhaushalts“ „ausreichend“, wenn auch „eher im unteren Bereich dessen, was dargestellt werden mußte“, kompensiert.
Klartext: Jetzt kann mit richterlichem Segen gebaut werden, was bislang auch ohne Justitias Placet wuchs.
K.S.
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