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Ums Karree

■ ...UND VERSCHENKT FREU(N)DE

Die kleinen Kunststücke von Glückmannn und Laimanee sind immer präsent. Man kann so oft vorbeigehen wie man will, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und auch schnell mal zwischendurch beim Einkaufen, einfach um sich zu erfreuen. Denn die schönen Dinge sind in dem alten Automaten ausgestellt, der am Blumengeschäft in der Dresdner Straße gegenüber vom Kino und der Galerie Zwinger hängt.

Vor allem nachts ist es beglückend, auf dem Heimweg einen Umweg zum Automaten zu machen. Es ist, als ob man Freunde träfe, und nicht ganz so allein auf weiter Flur stünde, weil sie einem noch schnell gute Nacht wünschen. Manche sind auch nach Wochen noch anzutreffen - das sind die Automatenhüter, die aus welchen Gründen auch immer noch niemand gezogen hat. Dabei müssen bloß drei Fünfmarkstücke in den Automaten geworfen werden. (Man stelle sich einmal vor, daß das noch möglich ist: mit fünfzehn Mark Kunst zu sammeln.) Die Auswahl ist groß. Es gibt die kleinen Pappfiguren in leuchtenden Farben von Glückmann, die alle ein wenig an Klaviere erinnern, bei weitem aber keine sind. Ihre teleskopartigen Augen tragen Zielscheiben als Pupillen. Neu sind die kugelrunden Fische von Laimanee, die psychedelische Träume verursachten, wenn sie nicht so klein und handlich wären. Nur die Badewanne vertrügen sie nicht, da weichten sie auf. Aber sie sehen alle so aus, als ob sie sich nett auf den Nachttisch setzen ließen und dort den Schlaf bewachen würden. Den Bedürfnissen der Kunst-Verbrauchenden kommt der Automat auch sonst entgegen: Unter den Kunststückchen liegen kleine Plastiktüten für den Fall, daß es auf dem Heimweg regnen sollte, und ein Fragebogen, der sich besorgt nach den Wünschen der Käufer erkundigt.

Wenn also genügend Geld im Schlitz ist, lassen sich die Klarsichttürchen öffnen. Dann geht buntes Licht an und laut dröhnen durch die schlafende Straße die Töne der Berliner MusikerInnen, mit denen Glückman und Laimanee gerade zusammenarbeiten. Schnell den kleinen Freund herausgenommen, denn unmöglich, die Hymnen zu Ende zu hören, aus Furcht, den Zorn der Anwohnenden auf sich zu ziehen, und schnell das Türchen wieder zu. Und schon senkt sich wieder Ruhe über das Straßenpflaster, als ob nichts gewesen sei. Nur im Fach des kleinen Freundes, den man nun unter der Jacke heimtragen kann, klafft eine Lücke. Beim nächsten Besuch wird sie aber schon wieder geschlossen sein. - Der Vorrat an Kunst scheint bei Glückmannn & Laimanee unerschöpflich.

Claudia Wahjudi/Detlef Kuhlbrodt

Galerie Zwinger in der Dresdener Straße 125: Daniel Habegger, bis 17. Februar

Galerie Stil & Bruch in der Admiralstraße: Christoph Kühl, Neue Arbeiten, bis 18. Februar

Galerie Arndtstraße, daselbst Nummer 26: Wayne Springer, bis 25. Februar

Blumenautomat-Galerie in der Dresdener Straße 11: Louis Paramo & Pedro Cabral, Glückmannn & Laimanee bis 12. Februar

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