: Güllefluten und Beizmittel
Das „Wassernetz Berlin“ alarmiert: Jetzt auch Wasserskandal im Bereich Falkensee/Spandau ■ D O K U M E N T A T I O N
Der Kreis schließt sich: Nach dem Bekanntwerden der Grundwasserverseuchungen in Johannisthal und Vorketzin rollt die Welle der Wasserskandale weiter um Westberlin. Wie das Wassernetz Berlin von der Bürgerinitiative „Grüner Wecker Falkensee“ erfuhr, versickern zwischen Falkensee und Spandau giftige Abwässer ungeklärt im Boden. Die Quellen: der VEB Landmaschinenbau Falkensee und ein Hähnchen- und Schweinemastbetrieb. Während die Besucher der „Grünen Woche“ aus Ost und West in den Messehallen vor preisgekrönten Edelzuchtschweinen und PS-starken Traktoren ins Schwärmen geraten, zeigt sich gleich nebenan die Kehrseite der Medaille. Allein der VEB Landmaschinenbau kippt Monat für Monat 34.000 Liter Entfettungsreiniger, 34.000 Liter Beizmittel und 22.000 Liter Phosphatierungssäure zusammen mit gelösten Schwermetallen und verunreinigten Ölen unbehandelt in die Landschaft. Nach Beobachtungen der Bürgerinitiative sind die Abwässer in den Entwässerungsgräben so aggressiv, daß rostige Fahrräder nach kurzem Bad in der ätzenden Brühe blitzblank wieder herausgezogen werden können.
Nicht weit davon entfernt produzieren 500.000 Hühner und zigtausend Schweine wahre Güllefluten, die ohne Rücksicht auf die Aufnahmefähigkeit des Bodens auf die Felder abgelasssen werden. Das sich unter diesen Flächen bildende Grundwasser wird langsam aber sicher von den Pumpen des Spandauer Wasserwerks angesaugt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Nitrat aus der Gülle und die anderen Schadstoffe im Trinkwasser auftauchen. Bei den Wasserwerken scheint man sich darüber bisher keine Sorgen zu machen, Man hofft offensichtlich, daß der Schaden schon nicht so groß sein wird. Doch bei bundesdeutschen Wasserwerken hat sich diese Hoffnung bereits vor Jahren als trügerisch erwiesen. Die Nitratwerte überstiegen dort innerhalb kürzester Zeit die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung.
Die im Wassernetz Berlin zusammengeschlossenen Umweltgruppen fordern den Senat von Berlin auf, endlich die hier drohende Grundwasservergiftung in ihrer Bedeutung zu erkennen und energisch zu bekämpfen. Es darf nicht gewartet werden, bis aufwendige Filtermaßnahmen im Wasserwerk notwendig sind. Die Quellen der Belastung müssen verstopft werden, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Zusammen mit der Bürgerinitiative „Grüner Wecker“ fordert das Wassernetz Berlin, die Massentierhaltung in Ost und West aufzugeben und das Abwasser des VEB Landmaschinenbau zu entgiften.
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