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Tödlicher Zwischenfall in Kaschmir

■ Indisch-pakistanischer Grenzkonflikt forderte mindestens drei Tote / Moskau sagt Neu-Delhi Unterstützung zu / Pakistan zurückhaltend

Srinagar (taz/afp) - Indische Grenztruppen haben am Montag in Kaschmir offenbar mindestens drei Pakistaner erschossen und zahlreiche Personen verletzt. Das staatliche indische Fernsehen widersprach Angaben der pakistanischen Nachrichtenagentur 'app‘, wonach indische Soldaten im pakistanischen Grenzgebiet Sialkot das Feuer auf rund 30.000 demonstrierende Pakistaner eröffnet hätten. In dem indischen Fernsehbericht hieß es, die Armee habe geschossen, nachdem 4.000 Pakistaner versucht hätten, auf indisches Gebiet vorzudringen. Die Verwundeten seien von flüchtenden Eindringlingen wieder nach Pakistan zurückgebracht worden. Ähnlich äußerte sich später das indische Verteidigungsministerium.

Etwa 1.000 Teilnehmer der Protestdemonstration seien „unter Verletzung sämtlicher internationaler Normen“ in das indische Dorf Ranbirsingh Pura eingedrungen. Dort hätten sie einen Teil der Ernte niedergebrannt und versucht, ein Regierungsgebäude in Brand zu stecken. Daraufhin hätten die Grenzschutztruppen das Feuer eröffnet. Zuvor habe der pakistanische Grenzschutz vergeblich versucht, die Grenzüberschreitung der Demonstranten zu verhindern.

Nach einer sechsstündigen Sondersitzung von Regierung und Oppositionsparteien verkündete der pakistanische Außenminister Yakub Khan am Sonntag abend, Pakistan sei „entschlossen, einen militärischen Konflikt in der Region zu vermeiden“. Trotz der anhaltenden Spannungen würden zwischen den beiden Regierungen auch weiterhin bilaterale Abkommen unterzeichnet.

Seit fast einem Monat beschuldigen sich Indien und Pakistan gegenseitig, den Konflikt um das seit 1948 geteilte Kaschmir zu schüren. Allmählich geraten auch andere Mächte in die Auseinandersetzung. Bei seinem Moskaubesuch erhielt der indische Unterhändler S.K. Singh kürzlich die Zusage, daß die Sowjetunion auch weiterhin den indischen Standpunkt unterstützen werde. Die UdSSR betrachtet Jammu und Kaschmir als integrale Bestandteile der indischen Union. Wann immer das Sezessionsbegehren der überwiegend moslemischen Unionsstaaten in den vergangenen vier Jahrzehnten vor den UN -Sicherheitsrat gebracht wurde, votierte Moskau gegen diesen Antrag.

In Pakistan drängen die Oppositionsparteien wie auch der Ministerpräsident der pakistanischen Angliederung Azad (freies) Kaschmir Premierministerin Benazir Bhutto zu einer erneuten diplomatischen Offensive. Das mindeste, was Frau Bhutto in deren Augen für die „moslemischen Brüder“ in Jammu Kaschmir tun könne, sei, den Sachverhalt erneut vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder die Konferenz der islamischen Staaten zu bringen.

sl

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