: Auch Bundesbank für schnelle Währungsunion
Der Chef der Bundesbank, der Kohls Pläne für eine schnelle Währungsunion kritisiert hatte, schwenkt auf den Kurs des Kanzlers ein / Finanzunion mit weitreichenden Implikationen ließe sich für den Finanzkapitän als Schritt zur Wiedervereinigung verantworten ■ Von Charlotte Wiedemann
Bonn (taz) - Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl hat beim Hin und Her um die gesamtdeutsche Währungsunion endlich seine Rolle gefunden: Er sagt ja und wäscht zugleich seine Hände in Unschuld. Vor der Bonner Bundespressekonferenz stellte der Finanzkapitän die Lage gestern so da: Kanzler Kohl habe „überraschend“ den Vorschlag gemacht, so schnell über die Einführung der DM in der DDR zu verhandeln. Damit sei eine „neue Situation“ entstanden. Ein solcher Schritt „mit seinen weitreichenden Implikationen“ sei nur zu „verantworten“ als Schritt zur Wiedervereinigung. „Das ist eine Entscheidung der Bundesregierung, die auch von der Bundesregierung verantwortet werden muß.“ Weil es um eine Entwicklung von nationaler, historischer Bedeutung gehe, werde die Bundesbank dies unterstützen und „ihren Rat zur Verfügung stellen, um das Risiko zu mindern“.
Soweit also Karl Otto Pöhl zu seiner Rolle. Das Primat der deutschnationalen Politik über finanzpolitische Erwägungen einmal anerkannt, müsse nun aber, so signalisierte Pöhl, Klartext geredet werden. Es gehe um die Schaffung eines „vereinigten Wirtschafts- und Währungsgebiets“, in der DDR müßten die Finanzgesetze der Bundesrepublik „exekutiert“ werden können, und dazu müßte eigentlich erst einmal ein völkerrechtlicher Vertrag (Wirtschaftskonföderation) geschlossen werden. Außerdem: „Enorme Transferleistungen sind notwendig, wenn dieser Prozeß ohne schwerwiegende soziale Verwerfungen vonstatten gehen soll.“ Über das Ausmaß der „sozialen Verwerfungen“ wollte sich der Bundesbankpräsident nicht auslassen, weil derartige „Krisengemälde“ die DDR-Bevölkerung nur weiter verunsichern würden. Wenn nämlich jetzt, so lassen sich Pöhls Worte interpretieren, den Menschen in der DDR klar würde, wie es ihnen im vereinigten Deutschmarkland in den nächsten Jahren ergehen wird, würden wohl noch mehr ihre Koffer packen. Beim Thema Reallohngefälle redete der Bundesbankpräsident den von ihm verlangten Klartext: „Was heißt denn Niedriglohnland? Soll die DDR etwa ein Hochlohnland werden? Dann fließen die Investitionen doch woanders hin!“
Risiken, Verwerfungen, Probleme also vor allem für die soziale Lage derer, die mit der Deutschmark beglückt werden
-Beruhigung hielt der Bundesbankpräsident hingegen für seine Lobby, das Finanzkapital, bereit. „Die Finanzmärkte können vertrauen, daß wir die Dinge im Griff haben“ - die DDR mit einem volkswirtschaftlichen Volumen wie Hessen und einer künftig „unlimitierten Nachfrage“ und pro Jahr 100 Milliarden bundesdeutschen Kapitalexports; eine sehr starke DM, Zinsanstieg vermeidbar - also nichts, „was uns aus den Schuhen kippen würde“. Und damit den „Kapitalströmen“ ihr Bett gut bereitet wird, findet der Bundesbankpräsident einen Vorschlag von Lothar Späth sinnvoll: der neuen Volkskammer ein in der BRD gefertigtes Paket von Wirtschaftsgesetzen unterschriftsreif auf den Tisch zu legen. „Den neuen Parlamentariern, die keine Erfahrung haben, zu helfen, die radikalen Umstrukturierungen vorzunehmen, das wäre sehr verdienstvoll.“
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