: Westdeutsche Kitas warten auf Berliner Signale
■ In Frankfurt und Hamburg sind Kitas auch im Notstand / Berliner Tarifvertrag „genau das, was wir brauchen“ / Momper bleibt stur / ÖTV hat 5-Punkte-Plan
Sollte der Senat dem von GEW und ÖTV geforderten Tarifvertrag für Kitas zustimmen, hätte dies Konsequenzen in vielen westdeutschen Großstädten, beispielsweise Frankfurt und Hamburg. „Das ist genau das, was wir hier brauchen. Wenn in Berlin der Tarifvertrag durchkommt, gibt es woanders kein halten mehr“, sagte gestern ÖTV-Funktionär Robe vom Frankfurter Büro der Gewerkschaft der taz.
In der Bankenmetropole seien in den Kitas von 1.100 ErzieherInnen-Stellen 127 unbesetzt. Aufgrund der zu niedrigen Tarif-Löhne (1.400 bis 2.400 D-Mark) kündigten zudem immer mehr ErzieherInnen. Heute will der Frankfurter Magistrat versuchen, das Kita-Personal mit einem Sofortprogramm zu beschwichtigen.
Für Hamburg hätte ein Berliner Tarifvertrag „auf jeden Fall Signalwirkung“, so Dagmar Pelzer von der GAL-Fraktion. In der Hansestadt warten offiziell 10.000 Kinder auf einen Kita -Platz. Der Berliner Streik hatte bereits „Signalwirkung“. Nach diesem „Vorbild“ (ÖTV-Hamburg) wurden eine Woche abwechselnd die Bezirke an Elbe und Alster bestreikt. Die ÖTV fordert ein Notprogramm, mit dem „sofort 5.000 Kita -Plätze“ geschaffen werden sollen. 6.000 Eltern demonstrierten Anfang Februar für mehr Lohn bei Arbeit mit sozialgeschädigten Kindern. Der SPD/FDP-Senat verhandelt. Die Stellungnahme der ÖTV zur Wirkung eines Streik-Erfolgs in Berlin: „Was ein Berliner Tarifvertrag für uns bedeutet, dazu sag‘ ich nichts. Darauf wartet der Berliner Senat nur“, so Pressesprecher Milz.
Daß Berlins Senat diese Signalwirkung bisher immer als Argument gegen einen Tarifvertrag ins Felde führte, hat sich auch bis zur ÖTV-Zentrale in Stuttgart rumgesprochen. „Das hat Momper sehr hoch gespielt. Offizielles will ich nicht dazu mitteilen“, so Pressesprecher Rainer Hillgärtner. Daß es in Berlin auch nach vier Wochen Streik keinen Tarifvertrag geben soll, hat gestern noch einmal Walter Momper bekräftigt. Der Senat sei „nicht gewillt, den Zugriff auf den Landeshaushalt zu gestatten“. Einen Fünf-Punkte-Plan beschloß gestern der Bezirksvorstand der ÖTV. Er soll bei den morgigen Verhandlungen mit dem Senat Verhandlungsgrundlage sein. Auf einen Tarifvertrag mit Personalschlüssel wollen GEW und ÖTV auf keinen Fall verzichten. Der Vorstand will jetzt auch die ÖTV-Mitglieder in den Senats- und Bezirksverwaltungen, den Eigenbetrieben und den Krankenhäusern für Solidaritätsaktionen mobilisisieren.
Ob Mompers gestrige Erklärung im Kita-Konflikt das letzte Wort des Bürgermeisters war, „wollen wir erst mal sehen“, erklärte auf Anfrage ÖTV-Chef Kurt Lange kämpferisch. „Wir halten durch.“
Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen