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Kohl bleibt gegenüber Modrow hart Keine Soforthilfe Bonns für die DDR

Bonn lehnt Solidarbeitrag ab / Kommission nimmt Beratungen über Währungsunion auf / Kohl bleibt bei Oder-Neiße-Grenze undeutlich  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Auf eine bittere Formel brachte der DDR-Ministerpräsident Hans Modrow gestern das Ergebnis seines ersten Besuchstags in Bonn: „Die Sofortmaßnahmen bestehen darin, daß eine Kommission Verhandlungen aufnimmt.“ Die Bundesregierung blieb bei den Gesprächen mit Modrow und den acht Ministern der DDR-Opposition hart: Keine müde Mark Soforthilfe und schon gar nicht ein „Solidarbeitrag“ von 15 Milliarden DM, wie der Runde Tisch in Ost-Berlin gefordert hatte. „Die wirksamste Hilfe ist die schnelle Verwirklichung der Währungsunion“, so faßte Kanzler Kohl die Haltung seiner Regierung zusammen. Eine Kommission von Fachleuten beider Staaten soll bereits in der nächsten Woche mit Beratungen über die Wirtschafts- und Währungsunion beginnen.

Minimaler hätte das Ergebnis des deutsch-deutschen Gipfels kaum ausfallen können. Denn dem Drang der Bundesregierung zur schnellen gesamtdeutschen Mark steht weiterhin die skeptische Haltung der DDR-Seite gegenüber. Der DDR -Oppositionsminister Wolfgang Ullmann bekräftige gestern: „Wir nehmen nichts zurück von dem, was wir gesagt haben.“ Der Runde Tisch bemühe sich jetzt, „den Besitzanteil jedes DDR-Bürgers am Gesamtreichtum des Landes sicherzustellen“.

Ein Zeitplan zur Wiedervereinigung war nach den Angaben von Kohl und Modrow „kein Thema„; auch zur Frage der Bündniszugehörigkeit äußerten sich beide auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz nur vage. Und noch ein Nicht -Ergebnis: Hans Modrows Eindruck, der Kanzler habe in Moskau „die Oder-Neiße-Grenze akzeptiert“, wurde von Helmut Kohl sofort korrigiert. Kohl: „Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich habe in Moskau nur das gesagt, was ich immer gesagt habe.“

Um den Eindruck zu vermeiden, die Bundesregierung warte nur den weiteren Zusammenbruch der DDR ab, verwies Finanzminister Waigel gestern auf den Nachtragshaushalt, der heute im Kabinett beraten wird. Dieser enthält aber auch keine Mittel für die Soforthilfe, sondern zum Beispiel einen Fonds für Kredite, dessen Zinsen bereits in harter DM zurückgezahlt werden müssen. Ebenso konnte ein Investitionsschutzabkommen, über das Wirtschaftsminister Haussmann und seine DDR-Kollegin Christa Luft gestern berieten, noch nicht unter Dach und Fach gebracht werden. Auch dies hänge von der Ausgestaltung der Währungsunion ab, teilte Haussmanns Ministerium mit. So können auch die Türen kaum offen sein, an die Hans Modrow heute noch klopfen wird. Auf dem Programm stehen Gespräche mit den bundesdeutschen Kapitalvertretern Tyll Necker, Klaus Murmann und Wolfgang Röller.

Tagesthema Seite 3

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