Volksentscheid am 17. Juni

■ Die DDR ergreift die Initiative für eine gesamtdeutsche Verfassungsdiskussion

Berlin (taz) - Die DDR-Bevölkerung soll am 17. Juni über einen Verfassungsentwurf abstimmen. Das hat die Arbeitsgruppe „neue Verfassung“ des Runden Tisches jetzt beschlossen. In zehn Tagen wird ein Verfassungsentwurf dem Runden Tisch vorgelegt. Dieser Entwurf ist der erste Beitrag zu einer verfassungsgebenden Versammlung, die das Grundgesetz bei einer Wiedervereinigung vorsieht.

Die Autoren sind der Überzeugung, daß das Grundgesetz den Erfahrungen von vierzig Jahren DDR und dem „neuen Konsens“ der Bevölkerung nicht entspricht. Der Entwurf nimmt plebiszitäre Elemente auf, erweitert den Grundrechtekatalog. Die Grundrechte werden in den allgemeinen Menschenrechten verankert und sind in ihrer detaillierten Sicherung der individuellen Freiheit gegenüber dem Staat eines der wichtigsten Ergebnisse des revolutionären Herbstes. Allerdings, durch den vorgezogenen Wahltermin fehlte die Zeit für einen Gesamtentwurf.

Während also in der Bundesrepublik die Währungsunion forciert wird, soll in der DDR die Verfassungsdebatte initiiert werden. Gleichzeitig wollen die Initiatoren verhindern, daß mit der Wahl vom 18.März die obsiegende Partei die deutsch-deutsche Vereinigung betreiben kann, ohne daß vorher ein verfassungsmäßiger Konsens der DDR -Bevölkerung über ihre Interessen möglich ist. Ein Vorstoß zur Verfassungsdiskussion der hüben und drüben Auseinandersetzungen verspricht. Mitglieder der Arbeitsgruppe bezeichnen ihren Entwurf als das „eigentliche Vermächtnis des Runden Tisches“. Siehe Tagesthema Seiten 2 und 3

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