: Drängelei wegen Daimler
■ Bausenator Nagel und Umweltsenatorin Schreyer streiten über Daimler-Baupläne / Schreyer will Wettbewerb verschieben / Springt Daimler ab?
Über die Pläne von Daimler-Benz, am Potsdamer Platz die Zentrale für sein neues Dienstleistungsunternehmen zu bauen, ist es nun zum Streit zwischen Bausenator Nagel (SPD) und AL -Umweltsenatorin Schreyer gekommen. Grund: Schreyer will den Termin für einen vorbereitenden städtebaulichen Ideenwettbewerb verschieben, der ursprünglich schon im März ausgeschrieben werden sollte. Die AL-Politikerin will, wie ihr Staatssekretär Groth gestern bestätigte, die DDR -Kommunalwahlen im Mai abwarten. Erst nach diesem Termin könnten mit der Ostberliner Seite „verbindliche Randbedingungen“ abgemacht werden. Im Regionalausschuß sei mit der DDR jetzt außerdem vereinbart worden, einen international offenen Wettbewerb auszuschreiben. Ein derartiges Verfahren könne „schlecht innerhalb eines Monates“ vorbereitet werden, meinte der zuständige Referatsleiter Bernd Faskel. Der Märztermin sei von der Leitung seiner Behörde nie abgesegnet worden, verteidigte sich Groth gegen den Vorwurf, Schreyer verletze Absprachen.
Die Stuttgarter Konzernzentrale sei über die Verzögerung bereits irritiert, wird in der Bauverwaltung angedeutet. Als Warnung aus Stuttgart seien Gerüchte zu verstehen, die auch im Mercedeswerk in Marienfelde umlaufen und die besagen, Daimler könnte seine Ansiedlungspläne zurückziehen. Völlig unbegründet sei diese Furcht nicht, heißt es in der Bauverwaltung. Wenn der mit Daimler-Benz vereinbarte Zeitplan nicht eingehalten werde, könne durchaus eine „negative Lawine“ in Gang kommen. Die Entscheidung, den neuen Unternehmensbereich in Berlin anzusiedeln, sei konzernintern durchaus nicht unumstritten gewesen, warnt man in der Baubehörde. Auch die örtliche Öffentlichkeit habe mit starker Kritik auf die Berlinpläne reagiert.
„Niemand möchte Daimler-Benz aus der Stadt verdrängen“, versicherte Schreyer-Staatssekretär Groth. Der Konzern habe durchaus das Recht auf eine „zügige Entscheidung“. Die Konzernpläne hätten andererseits aber auch „problematische Seiten“: Mit dem Bürokomplex entstehe eine „Monostruktur“ für Büroarbeiter, von der „kein Kino und keine Kneipe“ leben könne. Eine öffentliche Diskussion könne dem Konzern deshalb nicht erspart werden, meinte der Staatssekretär: „Auch Daimler-Benz hat sich an die Spielregeln zu halten.“
Der Baubeginn am Potsdamer Platz war, wie berichtet, für 1992 vorgesehen. Im Endstadium sollen etwa 8.000 Menschen in dem Bürokomplex arbeiten. Um die Vorbereitungen zügig erledigen zu können, will die Bauverwaltung lediglich Berliner Architekten aus Ost und West zu dem Ideenwettbewerb zulassen, dem als zweiter Schritt noch ein konkreter Bauwettbewerb für das neue Mercedesgehäuse folgen soll. Es gebe ja bereits zahlreiche Vorplanungen, die zum Teil noch aus den Zeiten von CDU-Umweltsenator Hassemer stammten, rechtfertigt die Bauverwaltung diese Einschränkung. Man müsse deshalb die Welt nun „nicht neu erfinden“.
In der Stuttgarter Konzernzentrale weigerte man sich gestern, zu dem Berliner Streit und den umlaufenden Gerüchten Stellung zu nehmen. Daimler bleibe bei seinen Plänen, versicherte Sprecherin Ursula Mertzig. Einzige offizielle Neuigkeit von ihrer Seite: Das Dienstleistungsunternehmen, das am 1. Juli gegründet werden soll, wird den Namen „Daimler-Benz Inter Services AG“ tragen.
hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen