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Forum Bremensium: Kaufen und Klönen

■ Am 4.April öffnet die neue Markthalle mit einem neuen Konsumkonzept: Die schnelle Mark im Markt

Die Idee ist einfach, aber genial. Eine solvente Zielgruppe ist der erste Pfeiler des Konzepts, ein idealer Standort ein zweiter, der dritte schließlich das nötige Kapital. Wenn die einzelnen Größen der Rechnung bekannt sind, wird addiert. Ergebnis: Bremens neue Markthalle, die am 4. April ihre Stände öffnet.

Vor allem Angestellte und Beamte sollen hier Lust am Kaufen bekommen. Das Angebot der einzelnen Stände ist ihren Konsumbedürfnissen angepaßt: Ernährungsphysiologisch hochwertige Lebensmittel, viel frische Sachen: Obst, Gemüse, Exotisches, keine Billigprodukte, wenig Discount.

Gehobener Lebensstandard auch in der Gastronomie: ein Vollwertrestaurant, ein Irischer Pub, vietnamesiche Küche, ein Stand mit frischen Obstsäften und und und. Die einzelnen Stände oder Gaststätten sind nicht mehr hermetisch abgeschlossen. Man sitzt gemütlich vor den Türen, offene Glasfassaden, Publikum schlendert vorbei, man sieht und trifft sich, freut sich und kauft natürlich auch. Aber nicht mehr dicke Plastiktüten voll. Das Motto hier lautet: klein aber fein, wenig, aber gezielt, dafür eben etwas ausgefallener. Auf drei Ebenen erstreckt sich der neue Markt, der in großzügeig gestalteter Innenarchitektur Platz zum Schlen

dern und Schlemmen läßt.

Die Kalkulation des Projekts ist einleuchtend. Das Finanzamt, das Siemens-Haus mit seinen Angestellten, die Senatskommission für das Personalwesen, der Bildungssenator: Alle sollen wie die Eloys zum kurzen Mittagsshopping in die Markthalle kommen, um das nötigste Gute zu kaufen. „Hier arbeiten etwa 10.000 Menschen in der unmittelbaren Umgebung. Wenn die alle in der Markthalle einkaufen, kommt ganz schön was zusammen,“ rechnet Michael Arend, einer der drei Gesellschafter des Projekts, vor

Der Standort der Markthalle ist „keine 1a Lage“ (Arend), doch für ein Markthallenkonzept optimal. „Interessante Wohnquartiere“ liegen in der Nähe, viele Arbeitsplätze, und die Innenstadt ist nicht weit. Doch im Gegensatz zur Sögestraße liegt der Quadratmeterpreis Miete deutlich niedriger: 80 Mark zahlen die Händler hier, haben dann aber kleine Stände ab sechs bis dreißig Quadratmetern. In der Sögestraße liegt der Preis bei 400 Mark/Quadratmeter. Die Kalkulation für ein lohnendes Geschäft geht von 2.000 bis 3.000 KundInnen pro Tag aus, die allerdings nicht mehr als 30 Mark umsetzen müssen. Neben den einzelnen Ständen und Gastronomiebetrieben gibt es in der Markthalle auch Arzt-und Rechtsanwaltspraxen, Steuerbe

rater und andere Büroräume. „Wer mal eben zum Arzt geht, kauft wahrscheinlich vorher oder nachher auch hier ein, damit er nicht den Umweg in die Stadt machen muß“ hofft Michael Arend.

Für den Markt selbst steht eine Bruttofläche von 3.000 Quadratmetern zur Verfügung, vom denen etwa 1.500 Quadratmeter reine Standfläche, der Rest Verkehrsfläche ist. Das ist kein ver

schenkter Platz: Genau darauf spekuliert das Konzept Markthalle. Die Verkaufsflächen werden quasi in die Verkehrsflächen hinein erweitert. So werden mehr Kunden angesprochen, ohne teuren Platz zu verschenken. 3.000 Quadratmeter sind für gastronomische Betriebe vorgesehen, 2.000 als Handelsfläche (Drogerie, Friseur usw), 4.000 Quadratmeter für Büroräume und Arzt

praxen. Zusätzlich gibt es 2.000 Quadratmeter Keller mit Arbeits-und Kühlräumen sowie ein Parkhaus mit 400 Autostellplätzen für PKW-Kunden.

Alles ganz schnuckelig, alles schön, alles Business. 40 Millionen haben Korn, Korn und Arend in das Projekt investiert, das jetzt nach knapp zwei Jahren Bauzeit kurz vor der Fertigstellung steht. Markus Daschne

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