: Ibrahim Böhme
Ibrahim Böhme war für die Erkenntnisse der taz ganz Ohr und ließ für unser Treffen sogar einen anderen Termin platzen. Dann erinnerte er sich an die konspirativen Gründertage der DDR-Sozialdemokratie: Als Geschäftsführer wollte er am 10.Oktober im Innenministerium die Mitteilung der Gründung einer sozialdemokratischen Partei übergeben. Der Pförtner weigerte sich jedoch, den Empfang zu quittieren. Daraufhin verschickte Böhme die Unterlagen per Post, ohne daß je eine Antwort kam. Statt dessen erhielt er Ende Oktober eine Vorladung, ging aber aus Angst vor der Stasi nicht hin.
Eine Zeit lang versteckte sich Ibrahim Böhme in einem Hinterhaus am Prenzlauer Berg. Wochenlange Beschattung und wiederholte Vorladungen hatten ihn ängstlich gemacht.
Konrad Ellmer, der wohl eigentlich Organisator der SDP -Gründung war, konnte seine Verfolger am Gründungstag auf dem Weg nach Schwante nur in James-Bond-Manier abschütteln.
Elf der 37 SDP-Gründungsväter hatten die Gründungsurkunde vorsorglich schon am 2.Oktober unterzeichnet und in einem Versteck deponiert. Die „Tatwaffe“, Ellmers Schreibcomputer, wurde bei Bischof Forck im Keller versteckt. In Schwante wurden nur zehn Punkte besprochen, die Statutdiskussion wurde aus Angst vor einer Razzia vertagt. Die Politbüro -Beschlußvorlage Armeegeneral Dickels, „zum Vorgehen gegen die Gründung einer SDP in der DDR“, gibt Böhmes Befürchtungen heute recht.
Erst am 6.Dezember erhielt die SDP einen anderslautenden Bescheid.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen