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Kein Blick zurück im Zorn

■ Ralf Fücks im taz-Gespräch über die DDR-Wahl und die Folgen für die Grünen

taz: Wer zu spät kommt, den wird die Geschichte bestrafen, hat Gorbatschow gesagt. In der DDR sind die Grünen überhaupt nicht gekommen. Ist das Wahlergebnis eine Strafe?

Fücks: Unter professionellen Gesichtspunkten haben die Grünen wahrscheinlich zu lange gebraucht, um sich einen Reim auf den Fall der Mauer zu machen. Aber das zeichnet die Grünen gerade und Gott sei Dank immer noch aus, daß sie empfindlicher sind, nachdenklicher. Wir sind nicht mit der politischen Rechthaberei wie Kohl angetreten.

Die Grünen haben auf Ideale wie Würde, Selbstbestimmung, Erfahrung des aufrechten Gangs gesetzt. Ist das Wahlergebnis nicht

das Ergebnis eines rapiden Kursverfalls politischer Ideale?

Ich glaube nicht, daß alle Werte, die in der DDR seit dem 9. November vorgelebt worden sind, jetzt so vernichtet sind, wie das Wahlergebnis es suggeriert. Ich glaube, daß sie bei dieser Wahl überlagert waren von anderen, unmittelbareren Interessen. Dem Wunsch, der eigenen Misere so schnell wie möglich zu entkommen und sich unter die Rockschöße der Bundesrepublik zu flüchten. Die Wahl war ein Dokument des massiven Anschlußwillens. Ab sofort geht es um das Wie der Vereinigung.

Du hast in der Bonner Runde von diesen Fragen als „Fragen des nächsten Jahrhunderts“ gespro

chen. Richten sich die Grünen bis dahin auf ein Jahrzehnt des zweiten Wirtschaftswunders ein, das sich Ökologie z.B. nur noch als flankierende Maßnahme leisten kann und die Grünen auf die Rolle schrumpfen läßt, die das Neue Forum bei den DDR-Wahlen gespielt hat?

Für mich war das eher ein optimistischer Satz. Wir haben gestern den letzten Akt im Zusammenbruch des realen Sozialismus erlebt. Ab jetzt können wir uns mit der Moderne auseinandersetzen. Ich glaube, daß die Ahnung von der ökologischen Katastrophe zunimmt und auch in der DDR der Blick darauf jetzt nicht mehr verstellt ist. Der Blick zurück im Zorn lohnt nicht.

Fragen: K.S.

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