: Praktikertreffen von Ost- und West-Juristen
■ Berliner Richter und Staatsanwälte treffen sich zu einem Austausch über die Rechtssysteme beider deutscher Staaten
Die Frage, wie die Rechtsordnungen von BRD und DDR aneinander angeglichen werden können, strapaziert zunehmend die Juristengehirne. Egal, ob es nun Anwälte, Richter, Staatsanwälte oder Wissenschaftler sind - alle stehen vor dem großen Problem, daß sie von dem Rechtssystem und der Rechtspflege in dem anderen deutschen Staat nur wenig Ahnung haben. Für Nachhilfe ist gesorgt: die Justizsenatorin rief eine Vortragsreihe mit dem Titel Berliner rechtspolitische Gespräche auf dem Weg zur deutschen Einheit ins Leben, die Rechtsanwälte aus Ost und West luden zu einem deutsch -deutschen Juristenseminar, und seit Montag dieser Woche findet zum ersten Mal ein sogenanntes „Praktikertreffen“ von Richtern und Staatsanwälten aus Ost- und West-Berlin statt.
An dem Praktikertreffen nehmen insgesamt 200 Richter, Staatsanwälte und Verwaltungsangestellte aus Ost- und West -Berlin teil. Es wurde am Montag in Ost-Berlin mit einer Einführung des Staatssekretärs des Ministeriums für Justiz, Peller, eröffnet. Nach den Vorträgen über Stellung der Staatsanwälte in der DDR, das DDR-Wirtschaftsstrafrecht, die Grundzüge des DDR-Ordnungswidrigkeitengesetzes und die Funktion der „gesellschaftlichen Gerichte“, hatten die Teilnehmer Gelegenheit zum persönlichen Kennenlernen. Morgen und übermorgen wird die Veranstaltung im Kriminalgericht Moabit mit westlichem Themenschwerpunkt wiederholt.
Manch einem westlichen Teilnehmer fiel bei dem Treffen in Ost-Berlin wie Schuppen von den Augen, wie verschieden die Rechtssysteme sind: So ist die DDR-Staatsanwaltschaft Teil der einheitlichen Zentralgewalt und der Generalstaatsanwalt direkt der Volkskammer und dem Staatsrat unterstellt. Sie hatte nicht nur für die Strafverfolgung zu sorgen, sondern auch für die Überwachung der sozialistischen Gesetzmäßigkeiten. Daß die Aufgabe der Staatsanwaltschaft mit Einführung der Marktwirtschaft und Gewaltenteilung auf eine Strafverfolgung im westlichen Sinne reduziert wird, ist bei den Ost-Juristen weitestgehend Konsens. Die Frage wird aber sein, ob die DDR-Staatsanwälte und Richter mit einer einfachen Fortbildung das notwendige Rechts-Know-how ihrer Kollegen im Westen erreichen können. Experten sind da eher skeptisch. Noch entscheidender ist jedoch, ob DDR-Juristen einfach „übernommen“ werden und nahtlos weiter agieren dürfen, wenn sie als verlängerter Arm der SED Regimekritiker verfolgten.
plu
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