: Polizeieinsatz in der Hafenstraße
Spektakuläre Aktion sollte offenbar der Vorbereitung für den anstehenden Räumungsprozeß dienen ■ Von Kai Fabig
Hamburg (taz) - Vier Haftbefehle und eine Wohnungsdurchsuchung waren gestern morgen der Anlaß für die größte Polizeiaktion in der Hamburger Hafenstraße seit der Bauwagenräumung im vergangenen Jahr. Doch weder die vier wegen Körperverletzung, Diebstahls und Alkohols im Straßenverkehr Gesuchten wurden in den bunten Häusern am Hafenrand gefunden noch eine gestohlene Musikanlage, die in der durchsuchten Wohnung vermutet wurde. Somit wäre die Polizeiaktion ein totaler Schlag ins Wasser gewesen, wäre es tatsächlich um die Vollstreckung der Haftbefehle und das Diebesgut gegangen.
Nicht nur Hafenstraßenanwalt Jens Wassmann vermutet jedoch, daß es der Polizei gestern morgen gar nicht auf einen Fahndungserfolg in den besetzten Häusern ankam. Für diese Vermutung spricht auch, daß die Haftbefehle bereits seit Anfang des Jahres vorliegen. Hätten sich die Gesuchten, die dort gemeldet sind, tatsächlich in den Hafenstraßenhäusern befunden, wäre es für die Zivilfahnder, die die Umgebung der Hafenstraße stets in Scharen bevölkern, ein leichtes gewesen, sie auf der Straße festzunehmen. Wassmann und andere Kenner der Szene sehen diese Aktion als Prozeßvorbereitung des Hamburger Senats.
Denn am kommenden Montag beginnt die Beweisaufnahme in einem Räumungsprozeß gegen die Hafenstraße. Soll die „Räumung auf rechtsstaatlichem Wege“, wie sie der Senat seit langem postuliert, bis zur kommenden Bürgerschaftswahl noch etwas werden, muß endlich ein sichtbarer Erfolg her.
Mit ihrem bisherigen Räumungsklagen ist die Stadt Hamburg nämlich gescheitert. Als Stimmungsmache für diesen ganz normalen Zivilprozeß, der allerdings unter den Sicherheitsvorkehrungen eines „Terroristenprozesses“ ablaufen wird, macht die gestrige Polizeiaktion zumindest Sinn. Denn um die Hafenstraße war es in letzter Zeit relativ ruhig geworden. Eine demonstrative Zurschaustellung des „rechtsfreien Raumes“ dort tat also offensichtlich wieder einmal Not.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen