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Ost-CDU plant sauberen Moloch Berlin

■ CDU stellte ihr Kommunalwahlprogramm vor / Berlin soll größte Industriestadt Mitteleuropas werden / Keine neuen Trabantenstädte

Ost-Berlin. Mit hochgesteckten Zielen hat gestern die Ostberliner CDU ihr Wahlprogramm für die Kommunalwahl am 6. Mai vorgestellt: Nach ihrer Vorstellung soll Berlin die größte Industrie- und Wirtschaftsstadt Mitteleuropas werden. In der Parteizentrale am Prenzlauer Berg präsentierte gestern der für das Oberbürgermeisteramt kandidierende Arzt Roland Jacob auch gleich sein ganzes Schattenkabinett für den Fall eines Wahlsieges. Die Kandidaten sind durch die Bank männlich - die einzige Frau im Ostberliner Landesverband auf prominenter Stelle bekleidet mittlerweile das Amt der Volkskammerpräsidentin -, Akademiker und in überwiegender Mehrheit um die fünfzig Jahre alt.

Teile des Programms, etwa die Sozial- und Wirtschaftspolitik, entstanden in enger Absprache mit der Schwesterpartei im Westteil der Stadt (die taz berichtete). Insgesamt bietet es wenig Überraschendes und unterscheidet sich in vielen Punkten kaum von dem der SPD, gefordert werden auch dort die schnelle Einführung einer ökologisch verträglichen sozialen Marktwirtschaft, breite Mittelstandsförderung und die Ansiedlung von „sauberen“ Industriebetrieben. Wichtig, so der Oberbürgermeisterkandidat, sei es zunächst, dazu beizutragen, daß sich die Lebensbedingungen für die Menschen in Ost-Berlin rasch verbessern. So ist es nach Vorstellung der CDU unabdingbar, zumindest in den nächsten Jahren die Mieten in Ost-Berlin über eine Preisbindung zu regeln, um ein zu starkes Gefälle gegenüber zahlungskräftigeren Westberlinern auszugleichen.

Immer wieder wurde betont, wie wichtig es sei, für das gesamte Gebiet von Berlin zu planen - entsprechend vage müssen die Forderungen bleiben. Man wolle den typischen Berliner Kiez erhalten und eine Zersiedelung des Umlandes vermeiden - wie dies allerdings in der größten Industriestadt Mitteleuropas geschehen soll, darüber wurden nur ausweichende Antworten gegeben. Die polyzentrische Gliederung Berlins solle dabei auf jeden Fall erhalten bleiben, und es sollten keine neuen Trabantenstädte gebaut werden. Für die Zukunft wurde ein umfassender Umweltschutz gefordert, der Hauptbrennstoff Braunkohle soll ersetzt und die mangelhafte Kanalisation Ost-Berlins so schnell wie möglich auf westlichen Standard gebracht werden. Im Bereich Verkehr strebt die CDU ein „harmonisches Miteinander der verschiedenen Verkehrsformen“ an und will vor allem die Teilung der Stadt überwinden. Für den überregionalen Eisenbahnverkehr träumt die CDU von einer Schnellbahnverbindung Paris-Moskau. Auf ihrem Wahlplakat gibt sie sich allerdings weniger metropolitan: Hochglanzfotos zeigen Bilder vom heimischen Berlin und seiner Umgebung, Motto: „Die Zukunft fängt zu Hause an“.

Kordula Doerfler

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