: Den Miethaien gerade noch einmal entkommen
■ Letzter Runder Tisch Berlin vor den Wahlen forderte Aufklärung über die Umwandlung der Kommunalen Wohnungsverwaltungen Konzept des alten Magistrats sieht Gemeinnützigkeit und kommunales Eigentum als Schutz vor Wohnungsausverkauf an private Hände vor
Ost-Berlin. Zur seiner letzten Beratung vor der Kommunalwahl verlangte der Runde Tisch Berlin noch einmal Aufklärung. Anlaß zu Vermutungen und Ängsten gaben Spekulationen über die Umwandlung der Kommunalen Wohnungsverwaltungen (KWV). Es bestand die Befürchtung, daß damit mehr als die Hälfte aller Ostberliner Wohnungen in Privathände übergehen. Für Klarheit sorgen sollte ein Vertreter des Verbandes der Berliner und Brandenburger Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften (Ende April gegründet), Pachen, und der Leiter der Magistratsabteilung Wohnungspolitik, Reinhardt.
Das von letzterem in vier Schwerpunkten referierte Magistratskonzept zur „Umstrukturierung des Wohnungswesens in Berlin“ soll der neugewählten Stadtverordnetenversammlung zur Verwirklichung empfohlen werden. Es schlägt folgendes vor:
Der Magistrat übernimmt alle 375.000 volkseigenen Berliner Wohnungen in Treuhandschaft. Somit werden, zusammen mit den 106.000 genossenschaftlichen Wohnungen, zwei Drittel aller Ostberliner Wohnungen vor dem freien Markt gerettet.
Außerdem sollen alle elf Kommunalen Wohnungsverwaltungen bis zum 30. Juni in Kapitalgesellschaften umgewandelt werden. Dann sind sie städtische Wohnungsbaugesellschaften, in die der Magistrat die volkseigenen Wohnungen als Geschäftsanteil einbringt. Sie wirken gemeinnützig, also nicht gewinnorientiert.
Für die Wohnraumvergabe sind nach geltendem Recht nach wie vor die Stadtbezirksräte zuständig. Nicht davon betroffen sind aber die Um- und Ausbauwohnungen.
Noch muß die Umwandlung der Kommunalen Wohnungsverwaltungen mit den KWV-MitarbeiterInnen abgestimmt werden. Eins aber ist so gut wie sicher - die Mietverträge bleiben von dieser Veränderung unberührt.
Pachen, Vertreter des Berlin-Brandenburger KWV-Verbandes, kannte den Magistratsentwurf nicht, betonte aber ebenfalls den Aspekt der „ausschließlichen Gemeinnützigkeit“, die im Verbandsstatut festgeschrieben sei. Die Antwort auf die Frage einer Vertreterin der Vereinigten Linken (VL) blieb er allerdings schuldig: Wie die Weigerung mancher Wohnungsverwaltung, Verträge für die besetzten Häuser zu unterzeichnen und sie dadurch zu legalisieren, mit dem starkem Interesse am Gemeinwohl zu vereinbaren sei.
Mieten, so Pachen, sollen nach Meinung des Verbandes „sozial verträglich“ sein. Magistratsvertreter Reinhardt ergänzte, zunächst würden sie sich verdreifachen, um Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten zu decken, aber es gebe ja schließlich das Wohngeld - womit aber viele Fragen immer noch offen blieben.
Die ganze Beratung war - als siebenstündiger arbeitsintensiver Marathon - ein wenig von Abschiedsstimmung überschattet. Trotzdem beschloß der Runde Tisch bis zu seiner Auflösung durch das neugewählte Stadtparlament in Aufgaben und Funktionen bestehenzubleiben. Damit will er verhindern, daß ein ähnlich fatales Demokratievakuum wie nach der Volkskammerwahl entsteht. Doch die drei Moderatoren der 19 Runden, von der Katholischen, Evangelischen und Evangelisch-Methodistischen Kirche eingesetzt, gaben ihr Amt zurück; beim nächsten Mal soll ein Vertreter der stärksten gewählten Fraktion das Gremium leiten.
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