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Die SPD in Siegerpose

Der Kommunalwahlkampf in Ost-Berlin  ■ K O M M E N T A R

Der Ausgang der Kommunalwahl in Ost-Berlin erscheint desto ungewisser, je näher der Wahltag rückt. Das liegt auch daran, daß das Interesse am zweiten Urnengang nach der Wende ziemlich gering ist - schon allein, weil über das Procedere beim Wählen Verwirrung herrscht.

Dessen ungeachtet geriert sich die SPD Ost in Symbiose mit der Westschwester zwei Tage vor der Wahl als unzweifelhafte Siegerin. Vergessen scheint zumindest in Berlin das Trauma der Volkskammerwahl, als sämtliche Auguren der SPD landesweit einen haushohen Sieg vorhersagten - und dann doch die Kohlschen Versprechungen den größeren Glanz hatten. Taktisch gelernt hat die SPD aus dieser leidvollen Erfahrung insofern, als sie in Berlin gezielt einen Wahlkampf geführt hat, der unserem Kanzler alle Ehre machen würde. Walter Momper versuchte in Ost-Berlin ähnlich präsent zu sein wie weiland Helmut Kohl in der DDR. Der SPD-Slogan „Aufschwung durch Einheit“ verspricht auf den Plakaten den reisehungrigen DDR-Bürgern im Wortsinne das Blaue vom Himmel: Sehnsuchtsvoll träumt ein junges Pärchen ausgerechnet am Palmenstrand von der Einheit in Berlin. Daß derartig auf Emotionen zielende Wahlversprechen leicht nach hinten losgehen können, zeigte sich in der Debatte um den Umtauschkurs. Trotzdem planen Schwierzina und Momper - der sein begehrliches Auge schon auf das Oberbürgermeisteramt für Groß-Berlin geworfen hat - zwei Tage vor der Wahl die Verwaltungsunion für Berlin so, als ob die Wahl schon gewonnen sei.

Auf das Wahlergebnis starrt insbesondere der Westteil der Stadt wie ein hypnotisiertes Kaninchen: Im Schöneberger Rathaus blühen die Spekulationen über künftige politische Mehrheiten in West- und Groß-Berlin, und die Kommunalwahl hat mit Sicherheit präjudizierende Wirkung für den Westen. Der Fortbestand der labilen rot-grünen Koalition wird auch vom Wahlergebnis am Sonntag abhängen. Eine rot-grüne Mehrheit in Ost-Berlin ist so gut wie ausgeschlossen, die PDS für die SPD derzeit nicht koalitionsfähig, bleibt also nur eine große Koalition. Und über die wird für West-Berlin nicht erst seit der letzten Koalitionskrise spekuliert...

Kordula Doerfler

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