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Nato über Kurzstreckenwaffen uneins

Differenzen auf der Tagung der „Nuklearen Planungsgruppe“ / Stoltenberg will Abzug der Artilleriegeschosse bis 1991, die Niederlande deren sofortige einseitige Abrüstung / Und die USA wissen noch nicht so recht  ■  Aus Washington Rolf Paasch

Nach George Bushs revolutionärer Verkündigung des Selbstverständlichen, nämlich des Abzugs der Lance-Nachfolge -Rakete in der letzten Woche, ist in der Nato wieder der Rüstungsalltag eingekehrt: Man streitet sich heftig über den Abzug jedes einzelnen Artilleriegeschosses von europäischem Boden. Die 14 Mitgliedsstaaten der „Nuklearen Planungsgruppe (NPG) der Nato“ konnten jedenfalls am ersten Tag ihrer Frühjahrstagung im kanadischen Calgary am Mittwoch keine Einigkeit über die weiteren Abrüstungsschritte bei den atomaren Kurzstreckenwaffen herstellen. Verteidigungsminister Stoltenberg wollte die atomare Artillerie in einem „raschen Schritt“ möglichst bis Ende 1991 fortbewegt haben, sein niederländischer Kollege Rulus ter Beek verlangte gar die sofortige und einseitige Abrüstung aller Atomgranaten. Die Briten stellten sich wieder einmal quer - und die USA? Zu deren Position befragt, erklärte ein US-Beamter: „Diese Frage bringt mich in große Schwierigkeiten.“ Hinter der Weigerung der USA, einen Abzug der nur noch als „Teutonenkiller“ einzusetzenden 1.450 Atomgranaten zu unterstützen, verbirgt sich ein Streit zwischen den eiskalten Kriegern des Pentagon und den um 155mm aufgeklärteren Kollegen im US-Außenministerium. Bis zur Beendigung dieses vermutlich konventionell ausgetragenen „low intensity„-Konflikts werden die USA vermutlich alle weiteren Abrüstungsinitiativen in Sachen Kurzstreckenwaffen zu verhindern wissen. So erwartet denn auch niemand von der zerstrittenen NPG auf ihrer Frühjahrstagung eine Abrüstungsentscheidung, weder in bezug auf die am Mittwoch diskutierten Kurzstreckenwaffen, noch in der am Donnerstag auf der Tagesordnung stehenden Frage nach einer zukünftigen Nato-Strategie. Auch hier agieren die USA als Bremser. Bereits am Montag hatte US-Verteidigungsminister Cheney auf einem Festhalten an der Erstschlag-Doktrin der Nato bestanden. Und während der Streit über die Kurzstreckenwaffen recht offen ausgetragen wurde, drang über die ebenfalls diskutierte - und viel bedeutsameren - Frage nach der zukünftigen Stationierung atomarer Flugzeugraketen (TASMs) nur wenig an die Öffentlichkeit. Eine Entscheidung über die Stationierung dieser umstrittenen Abstandswaffen wird erst auf dem Nato-Gipfel Anfang Juli gefällt werden.

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