: Kulinarischer Kammerjazz
■ Das Trio Uli Beckerhoff Auf den Höfen mit Jazz als kultivierter Kammermusik
Die „Oslo-Bremen-Kent-Con nection“ könnte sich Uli Beckerhoffs neues Trio nennen; aber die Zeiten, als Jazzgruppen verzweifelt nach auch nur halbwegs originellen Namen suchten, sind schon längst vorbei. Bei solch einer hochkarätigen Besetzung reicht ganz schlichtes namedroping: „Beckerhof/Taylor/Andersen-Trio“ - da läuft Jazzfans das Schmalz in den Ohren zusammen und die hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
John Taylor spielte das akustische Piano kühl und zugleich romantisch, mit britischem Understatement, bei dem die gelegentlichen Energieausbrüche um so eindrucksvoller wirkten. Normalerweise ist im Jazz ja der Pianist der Hexenmeister mit den elektronischen Effekten, aber diesmal war es Bassist Arild Andersen, der an Knöpfen drehte und auf Pedale trat, um den Ton seines akustischen Basses zu verzehren, ihn lange nachhallen oder mit Echoeffekten mehrstimmig ertönen zu lassen. So konnte er Partikel seines eigenen Solos anders ordnen, daraus ein ganz neues Ostinato zaubern und dann mit sich selber
im Duo spielen. Aber auch wenn er ganz „normal“ spielte, waren es besonders sein voller, warmer Ton und die sehr feinfühlige, melodische Phrasierung, die dem Konzert eine kulinarische Grundstimmung gaben.
Für Beckerhoff war es nicht nur ein Experiment, sondern auch ein Wagnis, ohne Schlagzeuger hierhin bitte
den Trompeter
aufzutreten. So spielte er viel ungeschützter: Jede Unreinheit im Ansatz oder in der Intonation war
genau zu hören, und zu Beginn des Konzertes klang er auch ein oder zwei Mal ein wenig quieksig. Um so beeindruckender war gegen Ende des Konzerts sein langes unbegleitetes Solo, bei dem auch in den schnellen Läufen jeder Ton genau saß.
Einmal schlich sich doch ganz vorsichtig ein Schlagzeug in die Uli Beckerhoff
Musik, als bei einer sehr rhythmischen Passage John Taylor mit der Hand die Saiten des Pianos direkt anschlug und sie klangen, wie eine mit dem Besen gespielte Trommel. Abgeklärt, grundsolide
Ansonsten spielten die drei meist einen ruhigen Kammermusik -Jazz, der an den Stil des ECM Labels erinnert, zu dessen Stammbesetzung Taylor und Andersen ja auch gehören. Ihre Musik ist nicht unbedingt innovativ, aufregend oder modern; die drei Herren im Mittelalter haben sich ihre avantgardistischen Hörner schon in den siebziger Jahren abgestoßen - jetzt klingen sie abgeklärt, grundsolide und sehr kultiviert, wie es sich für Nordeuropäer ja auch gehört.
Willy Taub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen