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Selbstbeschränkung

■ Der Washingtoner Gipfel und die deutsche Politik

Das Gespenst einer „Singularisierung“ Deutschlands, von Kohl und Genscher - mit geschickt verteilten Rollen - in den letzten Wochen sorgfältig aufgebaut, beherrscht nun offen die Bühne der Weltpolitik: Wenn ihr uns „singularisiert“, etwa bei der Begrenzung von Truppen - so lautet die unverhüllte Drohung - erhalten in Deutschland wieder böse, aggressive Kräfte Auftrieb, wie nach 1919. Nicht zuletzt aus Sorge vor eben diesem Versailles-II-Syndrom hatte es Moskau lange Zeit vermieden, eindeutige Positionen in der Frage der militärischen Stärke und der Nato-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschlands zu beziehen.

Im Westen wurden zwischenzeitlich Maximalpositionen festgeklopft und der Öffentlichkeit erfolgreich als einzig vernünftig und unverrückbar verkauft. Selbst das Genscher -Modell einer Vereinigung Deutschlands ohne Nato-Ausdehnung nach Osten ist längst Schnee von gestern. Vor diesem Hintergrund müssen die jetzt geäußerten Vorstellungen Moskaus als „Störmanöver“, „Verhärtung“ etc. erscheinen.

Eine Wahrnehmung und Interpretation der Geschichte, die nur den „Versailler Diktatfrieden“, nicht aber das der Sowjetunion und ihren Menschen im II. Weltkrieg von Deutschen Angetane und die daraus rührenden Ängste und Sicherheitsbedürfnisse berücksichtigt, ist auf gefährliche Weise selektiv. Historiker nennen drei wesentliche Fehler und Faktoren, die zum II. Weltkrieg führten: die Isolation und Bestrafung Deutschlands als einzigen Verlierers des I. Weltkrieges, daß es nicht gelang, im Deutschland nach 1919 die Produktivkräfte zur Befriedigung wirtschaflticher und sozialer Grundbedürfnisse zu entwickeln sowie die isolationalistische/nationalbezogene Politik der USA. Ähnliches trifft heute auf die UdSSR zu: Sie wird zum alleinigen Verlierer des Kalten Krieges gestempelt, die wirtschaftlichen Versorgungsprobleme verschärfen die innenpolitischen Spannungen und schüren nationalistische Tendenzen.

Eine verantwortliche deutsche Politik in dieser brisanten historischen Situation wäre eine Politik der außen- und militärpolitischen Selbstbeschränkung statt einer mit Entspannungsrhetorik verbrämten Durchsetzung von Maximalansprüchen. Doch für eine solche Politik gibt es derzeit weder in der DDR und noch weniger in der BRD eine ausreichende Lobby.

Andreas Zumach/Rolf Paasch, Washington

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