„Ich hab‘ ein Doppelbett in meiner Wohnung“

Die Avancen von Vermietern werden immer dreister: Ganz offen wird Sex als Gegenleistung verlangt / Wie sich wehren?  ■  Von Gitta Düperthal

Frankfurt a.M. (taz) - „Das mache ich doch gerne, den Studentinnen aus der Misere helfen.“ Ein Frankfurter Hausverwalter bietet gönnerhaft seine Einzimmer-Dachwohnung in der Hanauer Landstraße an. Er will keine Miete. Nur Telefon und Strom müsse Yasemin Baysal, 23 Jahre, bezahlen. Und „ein paar mal die Woche mit mir schlafen“. Vorher, so erzählt der Mittfünfziger begeistert, habe dort eine Spanierin gewohnt, die sei auch seine Geliebte gewesen. Yasemin Baysal verläßt fluchtartig die Wohnung.

Keine Ausnahme, sondern die Regel ist das, was Yasemin Baysal bei der Wohnungssuche erlebt hat. Jede der weiblichen Inserenten des Frankfurter Anzeigenblattes 'Das Inserat‘ kennt sie: Männliche Vermieter, die ihre Miete nicht auf dem Konto, sondern gerne in „Naturalien“ hätten.

Bei Studentinnen und jungen Frauen, die eine Einzimmerwohnung suchen, wird gezielt angerufen: Nicht nur die Wohnungsnot in der Mainmetropole, sondern auch die vermutete finanzielle Notlage ermutigt stolze Wohnungsbesitzer zu immer dreisteren Avancen. Sein Zweizimmerappartement, mit einem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer, versucht ein Sexspekulant mit den Worten: „Ich hab‘ ein Doppelbett in meiner Wohnung stehen, breit genung für uns beide“ an die Frau zu bringen. Joviale Begründung des Ansinnens: „Ich möchte nicht extra umräumen.“

Einige sind „bescheidener“: „Die Tür beim Duschen soll offenbleiben. Ich will da zuschauen“, mußte sich eine der Wohnungssuchenden anhören. Ähnliches hat auch Regina Kühn, 22 Jahre, erlebt. „Wenn ein Mann auf mein Inserat hin anruft, warte ich nur darauf, daß so etwas passiert. Kein einziges seriöses Angebot.“ Statt dessen Sonderwünsche: Ein Hausbesitzer will „nur 200 Mark Miete“ für die Wohnung, die Studentin soll dafür öfter mit ihm und seiner Frau in die Sauna gehen. Beide sind über sechzig. Das würde die Ehe doch anregen.

Bei Wohngemeinschaftsangeboten werden die sexuellen Gelüste der männlichen Bewohner auch schon einmal „ganz offen“ am Telefon vordiskutiert: „Der sexuelle Notstand ist bei uns ausgebrochen. Gegen einen flotten Dreier hast Du doch sicher nichts einzuwenden.“ - „Die bringen das knallhart. In den letzten Jahren hat es sich gesteigert. Mit der Justiz ist da nichts zu machen“, so die Einschätzung einer wohnungssuchenden Jurastudentin. „Die Beweislast liegt bei der Frau, und Zeugen gibt es nicht. Im Endeffekt steht also bei einer Anzeige wegen Betruges, Irreführung oder auch Diskriminierung Aussage gegen Aussage. Und wie das ausgeht, weiß man ja“, konstatiert sie entnervt. Die Jurastudentin sucht schon seit Monaten verzweifelt und ist nun an dem Punkt angelangt, nach rabiaten Lösungsmöglichkeiten zu greifen: „Da hilft nur noch, das Bild des Vermieters auf Plakaten anzuprangern: Der ist ein Schwein, der gehört dazu.“

Dörte Jung, persönliche Referentin der Frankfurter Frauendezernentin Magarete Nimsch, ist der Ansicht, daß die Frauen dennoch zum Mittel der Anzeige greifen sollten: „Die Frauen sollten sich sofort Namen und Adresse des Vermieters geben lassen und die Gespräche, wenn möglich, auf einem Tonbandgerät aufnehmen.“ Das Frauendezernat versucht zudem Maklerinnen und Makler zu kontaktieren, die „bewußt an Frauen vermitteln und sich das Renommee geben, dafür zu sorgen, daß nur seriöse Wohnungsangebote weitergegeben werden.“ Bisher allerdings „mit schlechtem Erfolg“, so Dörte Jung. Ansonsten hält sie die Wohnungsmisere bei jungen Frauen für ein „Problem, das sich nur längerfristig politisch lösen läßt“. Und dabei sieht sie eine gravierende Schwierigkeit: „Sie können nicht auf dem freien Wohnungsmarkt eine Quotierung fordern.“

So bleibt also nur der Glücksfall, wie ihn kürzlich eine Frankfurter Journalistin hatte: Sie hat ein Zimmer bei einer Frau gefunden. Die erkundigte sich allerdings sofort telefonisch beim ersten Kontakt: „Ist auch wirklich kein Mann im Hintergrund?“