: Unfreiwilliger Abrüstungsschritt in den USA
Verteidigungsminister Dick Cheney ordnet die vroübergehende Sicherheitsverwahrung in den USA stationierter Atomraketen an / Gefährlichkeit der Kurzstreckenrakete SRAM A seit Jahren bekannt ■ Aus Washington Rolf Paasch
US-Verteidigungsminister Dick Cheney hat am Freitag die vorübergehende Demontage der luftgestützten atomaren Kurzstreckenraketen SRSM-A von den in zehn Bundesstaaten stationierten strategischen Bombern der Luftwaffe angeordnet. Cheneys Entscheidung, die SRAM-A's bis zum Abschluß einer Sicherheitsstudie sicher zu lagern, folgt den Aussagen verschiedener Waffenexperten vor dem Rüstungsausschuß des US-Senats, die vor zwei Wochen den vorläufigen Abzug der sogenannten „Short Range Attack Missiles“ aus Sicherheitsgründen gefordert hatten. Die Direktoren drei führender Waffenlaboratorien hatten den Senatoren beschrieben, daß ein Feuer an Bord der Kampfflugzeuge B 52, B 1 B und F 111 B das Sprengstoff -Material der Raketen in einer nicht nukearen Explosion entzünden und dabei zu einer Freisetzung radioaktiven Sprengkopfmaterials führen könnte.
Die angeordnete Sicherheitsverwahrung der zwischen 1971 und 1975 gebauten SRAM-A's mit einer Reichweite von knapp 300 km ist das erste Mal, daß die USA eine ganze atomare Waffenklasse aus Sicherheitsgründen abziehen müssen. Waffenexperten hatten allerdings schon seit Jahren Sicherheitsbedenken geäußert, nachdem vor zehn Jahren ein B -52-Bomber auf dem Stützpunkt von Nord Dakota zur Verbrennung des umstrittenen W 69 Sprengkopfes geführt hatte. Damals war die Freisetzung von Plutonium nach der Aussage von Experten nur aufgrund einer günstigen Windrichtung ausgeblieben.
Die Zweifel an der Sicherheit der Atomraketen sind nur die jüngste Pleite für die militärische Atomwaffenindustrie der USA, deren veraltete und verseuchte Atomwaffenfabriken bereits seit über einem Jahr geschlossen sind. Einige Kritiken des Pentagon und des mit der Dekontaminierung der atomaren Produktionsstätten beauftragten Energieministeriums vermuten denn auch politische Motive hinter der ungewöhnlichen Offenheit über die unbeabsichtigte Gefährlichkeit der SRAM-A's. So spekulierte Thomas B. Cochran vom Washingtoner „Natural Defense Council“, daß Cheney mit seiner Entscheidung politischen Druck auf den US -Kongreß ausüben will, die stillgelegten Atomwaffenfabriken trotz der Sicherheitsbedenken möglichst bald wieder zur Produktion von Ersatzsprengköpfen in Betrieb nehmen zu lassen. Nach dem Fahrplan der Atomplaner sollten die SRAM -A's erst 1993 endgültig eingemottet werden. Der Einsatz der 2,4 Milliarden Dollar teuren Nachfolgewaffe SRAM 2, bei deren Produktion es ebenfalls technische Schwierigkeiten gibt, soll dagegen ab 1994 erfolgen.
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