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Grüne schaffen die Rotation ab

■ Bremer Landesversammlung verabschiedet sich von Parteidogma / Folgekandidaturen möglich

Wenn es nach dem Fraktionsspre cher der Grünen in der Bürgerschaft, Paul Tiefenbach geht, dann haben sich die Wahlchancen der Bremer Grünen am Mittwoch abend erheblich verschlechtert. „Wenn wir den Anspruch aufgeben, Alternative zu den Altparteien zu sein, werden wir einen Großteil unserer Wähler verlieren“, hatte Tiefenbach gewarnt und damit für einen Antrag geworben, strikt bei der Vier-Jahres-Rotation zu bleiben. Sprich: Wer eine Legislaturperiode Abgeordnete war, soll sich nicht wieder für ein Mandat bewerben dürfen. Doch das Rad der grünen Parteigeschichte hat sich an Tiefenbach vorbeigedreht. Mit 44 zu 20 Stimmen entschieden sich die Grünen für die „Aufhebung eines rein formalen Rotationsprinzips.“

Die großen Emotionen, die die Rotationsdebatte in früheren Zeiten hervorgerufen hatte, wurden am Mittwoch abend nicht mehr freigesetzt. In sachlicher Diskussion machten die meisten der RednerInnen klar, daß sie Tiefenbachs Argument „die Wichtigkeit der Personen in der Politik läßt nach“ nicht teilen. Marieluise Beck-Oberdorf, die nicht mehr für den Bundestag kandidiert (vgl. Interview auf Seite 22), warnte vor der Alternative „Programme oder Menschen“. Das alte Ideal „aus der Verwurzelung

des Alltags in die Parlamente und zurück in die Verwurzelung der Parlamente“ sei längst gescheitert. Zudem werde mit wichtigen Personen auch ein Stück der grünen Identität weggedrängt.

Kassierer Bernd Schulz, der die Abschaffung beantragt hatte, bezeichnete die Rotation als Symbol grüner Identität, das zum Dogma verkommen sei. Sein neuer Leitsatz: „Der Bessere möge gewinnen.“ Und der Ex-Vorständler Lothar Probst, zur Befürchtung, daß dann „Sesselpupser“ mit Dauermandat ausgestattat werden: „Wenn die Grünen nicht in der Lage sind, das zu verhindern, dann haben sie es nicht besser verdient.“

In zwei Anträge wurde vorgeschlagen, die Rotation zu quotieren, sprich einen bestimmten Anteil der Sitze für AltparlamentarierInnen und Neue festzulegen. Bei der Vorstellung, mit welchen Formalismen sich dann eine Wahlversammlung herumzuschlagen hätte, grauste es aber die meisten Delegierten. Und auch Ralf Fücks wußte keine Formel um personellen Wechsel und personelle Kontinuität festzuschreiben. Fücks: „Je mehr wir regulieren, desto geringer werden die Wahlmöglichkeiten.“ Dem Tiefenbachschen Argument, daß mit der Zeit das Interesse an der politischen Tätigkeit nachlasse, entgegenete Fücks: „Es gibt nicht

nur Ermattung, sondern auch Verdichtung. Und es gibt auch einen Zusammenhang von Zeit und Qualifikation.“

Die zahlreichen Bürgerschaftsabgeordneten, von denen mit Sicherheit Tiefenbach und Horst Frehe aufhören und Manfred Schramm weitermachen will, hielten sich hörbar zurück. Wer nochmal will, braucht jetzt nur noch eine kleine Hürde überspringen. Die Landesversammlung, die im kommenden Jahr die KandidatInnen kürt, soll sich an den zweiten Teil des angenommen Antrags erinnern, in dem es heißt: „Die Grünen sind weiterhin mit Deutlichkeit gegen reines BerufspolitikerInnentum.“

hbk

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