: Das Austrittsgespenst geht um
■ Kreuzberger AL will aus Protest gegen Staatsvertrag AL-Abgeordnete zum Austritt aus der Fraktion auffordern / Am Freitag Treffen der KoalitionsgegnerInnen
Kreuzberg. Das Gespenst vom Parteiaustritt wurde auf der letzten Vollversammlung der AL nur schemenhaft gesichtet, jetzt läßt es die AL des Kreuzberger Bezirks durch die Rathausgänge wandern. Weil die Fraktion der Alternativen im Schöneberger Rathaus und die drei Senatorinnen das Ja der SPD-Mehrheit zum Staatsvertrag „hingenommen“ hätten, drohen die Kreuzberger Mitglieder nun mit „finanzieller und politischer Autonomie“.
An „kritische Abgeordnete“ soll außerdem die Aufforderung ergehen, aus der AL-Fraktion auszutreten und eine eigene parlamentarische Gruppe zu bilden, hieß es gestern in einer Presseerklärung. Entsprechende Schritte wollen die Kreuzberger Alternativen auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am kommenden Dienstag gefaßt werden.
Zu einem „offiziellen Votum“ sah man sich gestern in der Abgeordnetenhausfraktion der AL nicht in der Lage. Man nehme den Vorstoß allerdings ernst, sagte AL-Fraktionssprecherin Jutta Maixner. Solche Aktionen „können durchaus eine Spaltung herbeiführen“.
Kreuzberg ist mit rund 500 Mitgliedern der zahlenmäßig stärkste Bezirk der AL. An der gestrigen Erklärung waren nach Angaben von AL-Fraktionssprecher Stefan Noe 18 Mitglieder beteiligt.
Der Senat hatte am Vortag mit seiner SPD-Mehrheit und gegen die Stimmen der von der AL gestellten drei Senatorinnen beschlossen, am Freitag im Bundesrat ein positives Votum abzugeben. Innerhalb der AL-Fraktion war daraufhin Kritik laut geworden. Einigen Abgeordneten war die Erklärung der drei Amtsträgerinnen nicht scharf genug formuliert. Von einer „Nachbesserung“ in Form einer eigenen Stellungnahme der Fraktion sah man dann allerdings ab.
Als „nicht gerade glücklich“ bezeichnete der AL-Abgeordnete Michael Haberkorn den Kreuzberger Beschluß. Über die offensichtlichen Strömungskämpfe innerhalb der AL ist auch er sich im klaren, aber „aber das muß anders gelöst werden“. Er selbst sehe sich und seine KollegInnen durchaus als „kritische Abgeordnete“, habe jedoch nicht vor, aus der Fraktion auszutreten.
Mit Spannung wird innerhalb der Partei das Treffen der KoalitionsgegnerInnen am kommenden Freitag erwartet. Diese mußten auf der letzten Vollversammlung eine klare Niederlage einstecken und wollen nun über weitere Schritte beraten.
anb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen