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Klage gegen die BRD

■ Das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen setzte 32 Angestellte in Berliner Anwaltskanzleien an die Luft

Das Ende des Kalten Krieges und seine Folgen werden auch vorm Berliner Arbeitsgericht ausgetragen: Gegen die Bundesrepublik respektive das innerdeutsche Ministerium der farb- und bald arbeitslosen Dorothee Wilms klagt dort die Sekretärin Sabine Reinebeck.

Sie arbeitete bisher in einer von zwei Berliner Anwaltskanzleien, die im Auftrag des Ministeriums seit 1985 mit Ausreiseanträgen und Freikäufen von DDR-BürgerInnen befaßt waren. Nun, nachdem die Mauer und damit auch die Arbeitsaufträge weggefallen sind, wurden den insgesamt 32 Schreibkräften und Sekretärinnen ihre Jobs zum 30. Juni gekündigt. Die Beschäftigten klagten als Quasi-Angestellte des Bundes auf Weiterbeschäftigung. Doch ließ sich die Mehrzahl der Beschäftigten im Lauf des Verfahrens auf außergerichtliche Vergleiche und damit verbundene finanzielle Abfindungen ein. Sie erhielten rund jeweils 4.300 Mark, die zwar offiziell von den formalen Arbeitgebern, den Kanzleien, unterderhand aber aus dem Haushalt des Bundesministeriums gezahlt wurden. Das Ministerium zahlte, um öffentliches Aufheben um die Sache zu vermeiden.

Nur Sabine Reinebeck ließ sich nicht darauf ein, zwar den Spatz in der Hand, nicht aber die Taube auf dem Dach zu haben. Sie klagt weiter auf Weiterbeschäftigung, zumindest aber auf eine höhere Abfindung als die ihrer KollegInnen. Sabine Reinebeck will 7.000 Mark, denn sie ist im März Mutter geworden und will nicht auf den ihr deshalb zustehenden Kündigungsschutz, Erziehungsurlaub, die achtprozentige Berlinzulage und den Anspruch, nach dem Erziehungsurlaub weiter 19 Stunden die Woche beschäftigt zu werden, verzichten. Doch sie klagt nicht nur gegen ihre Kanzlei, sondern auch gegen die Bundesregierung. Denn die, so argumentierte ihr Rechtsvertreter gestern in einer Güteverhandlung vorm Arbeitsgericht, sei „faktischer Arbeitgeber“: Das Ministerium habe die an BAT angelehnten Gehälter und die Büroräume gezahlt, habe bei Arbeitsverträgen und Lohnerhöhungen stets das letzte Wort gehabt.

Die Vertreter des Ministeriums zogen sich gestern vor Gericht darauf zurück, daß das Ministerium keine Arbeitsverträge mit den Schreibkräften abgeschlossen habe. Man wolle auch keine reduzierte Abfindung von 6.200 Mark zahlen, die der Richter vorschlug. Nun muß ein neuer Gerichtstermin zeigen, wie sozial Ministerin Wilms mit den Leuten umgeht, die halfen, die Finanzmittel „für besondere Bemühungen im humanitären Bereich“ an die DDR-BürgerInnen zu bringen.

kotte

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