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Ein Festival von „Bonzen und Banditen“

Riesen-Polizeiaufmarsch soll den exklusiven Hamburger Wirtschaftskongreß ICC sichern / Die Großen des Kapitals geben sich die Ehre  ■  Aus Hamburg Kai v. Appen

Hamburgs SPD-Innensenator Werner Hackmann hat angekündigt, sämtliche Gegenveranstaltungen zum Kongreß der Internationalen Handelskammer („International Chamber of Commerce“, ICC) in der kommenden Woche zu verbieten. Ein Bündnis von Stadtteilinitiaven, Internationalismus-Gruppen, Grün-Alternativen und Autonomen hatte angekündigt, den Repräsentanten des ICC in Anspielung auf die ebenfalls in der nächsten Woche anstehende Premiere des umstrittenen Kommerz-Musicals „Phantom der Oper“ in der Hansestadt „phantomenale antikapitalistische Tage“ zu bescheren. Die westdeutsche Staatssicherheit hat daraufhin die Mobilmachung angeordnet: 5.000 Polizisten und 2.000 Bodyguards werden zum Schutz des Kapitals bereitstehen. Zum ICC-Kongreß, der am kommenden Dienstag in der Elbmetropole beginnt, werden mehr als 2.000 Manager, Industrielle, Bankiers und Politiker der westlichen Welt erwartet. Namen wie Giovanni Agnelli (Fiat -Boß), Henry Kissinger (Ex-US-Außenminister), Frank Popoff (Dow-Chemical-Chef) sowie Richard von Weizsäcker schmücken die Gästeliste des Wirtschaftstreffs. Die Tagung findet alle drei Jahre statt, 6.000 Multis und 1.500 Wirtschaftsverbände werden repräsentiert.

Anders als die Tagung des Internationalen Weltwirtschaftsfonds im vergangenen Jahr in Berlin werden auf dem ICC-Kongreß keine konkreten Beschlüsse gefaßt. Dennoch wird dieser Tagung nach der Öffnung der Ostmärkte große Bedeutung für die Entwicklung neuer Wirtschaftsstrategien eingeräumt. Das ICC spricht selbst von einem „Weltwirtschaftsgipfel“. ICC-O-Ton: „Die Meinungen und Empfehlungen des ICC werden auf höchster Ebene gehört. Deshalb werden die Ergebnisse des ICC-Weltkongresses unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftsstrategien der 90er Jahre haben.“

Die Hamburger ICC-Gegner werfen den Teilnehmern des „Bourgeoise-Gipfels“ vor, in Hamburg einen Siegeszug des Kapitalismus über den Realsozialismus feiern zu wollen. Ein Sprecher des Anti-ICC-Plenums: „Es ist doch kein Zufall, daß nach der Öffnung der Östmarkte der Kongreß seit 1937 erstmals wieder auf deutschem Boden stattfindet, es ist doch logisch, daß es das Hauptziel der ICC-Dikussionen ist, über die Aufteilung der östlichen Märkte zu beraten.“

Da auf dem offiziellen ICC-Programm auch eine Reihe kultureller Veranstaltungen stehen, wollen die ICC -GegnerInnen den „Pfeffersäcken, Bonzen und Banditen“ durch zahlreiche Aktionen verdeutlichen, daß sie mit ihrer „Politik der Ausbeutung und Unterdrückung“ bei einem Teil der HanseatInnen unerwünscht sind. So soll ein großes Wirtschaftsdiner in der Fischmarkthalle unter dem Motto „Begrüßung der Freßsäcke“ gestört werden, ein Konzertbesuch in der Musikhalle soll mit lautstarkem Tamtam vermiest werden.

Auch den Besuch der Premiere des Musicals „Phantom der Oper“ sollen Demonstrationen begleiten. Um den Bau eines 2.000 ZuschauerInnen fassenden Palastes, das größte Theater in Europa, in dem das Musical fünf Jahre laufen soll, hatte es in der Vergangenheit schwere Auseinandersetzungen gegeben. Erst nach der Verlegung des Standortes aus dem Schanzenviertel nach Altona konnte das Projekt - mit Polizeigewalt - durchgesetzt werden.

Hamburgs Staatssicherheit nimmt nun die angekündigten Proteste zum Anlaß, die Innenstadt zur Polizeifestung zu machen. Nach Angaben von Verfassungsschutzchef Lochte und Staatsschutz-Boß Heintze werden zu den ICC-Protestaktionen 3.500 Menschen aus dem Spektrum „DKP bis RAF“ erwartet. Unter den TeilnehmerInen seien 1.500 Militante aus Ost und West. Die von Autonomen verschickten Flugblätter unter dem Titel „Feiern, Stören, Angreifen“ seien von Freiburg über Göttingen bis Rostock auf große Resonanz gestoßen.

Mit einem generellen Demonstrationsverbot will die Stadt versuchen, alle Gegenaktionen im Keim zu ersticken. Selbst eine von den Grün-Alternativen angemeldete Demonstration, die am Dienstag aus der City Richtung Fischmarkt gehen sollte, will die Polizei aufreiben. Zudem wurde es den Veranstaltern einer Großdemonstration gegen die Wohnungsnot wegen der inhaltlichen Verknüpfung mit dem ICC verboten, vor dem Hamburger Rathaus eine Kundgebung abzuhalten.

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