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Egal, wie der Wind bläst...

■ Brand auf der Deponie Schwanebeck hat den Volkszorn neu entfacht: Wir sind immer nur Zaungäste / Bürgermeister zeigt Stadtreinigung an / Ostberliner Umweltstadtrat verspricht Besserung

Schwanebeck. „Wir sind immer nur die Zaungäste“, sagt der Schwanebecker Bürgermeister Thomas Klemp. Obwohl die 55 Hektar große Müllkippe im geographischen Zentrum der verschiedenen Schwanebecker Ortsteile liegt, war sie für die Bewohner und Gemeindevertreter des 2.700-Einwohner-Dorfes bisher ein exterritoriales Gebiet. Die Ostberliner Stadtreinigung lud den Dreck der Hauptstädter ab, Mitsprachemöglichkeiten für die Bewohner der Vorstadt gab es nicht. „Der Wind“, meint Klemp, „kann blasen wie er will.“ Ein Teil der Schwanebecker Bürger kriegt es trotzdem immer ab. Wenn es brennt, beißt den Schwanebeckern der Rauch in den Augen; sonst sind es Gestank, Staub, Papier und Plastikreste, die von der 20 Meter hohen Kippe herunterwehen. Als Entschädigung wird dem Dorf pro Jahr 15.000 Mark überwiesen. In Klemps Augen ist das ein eher „symbolischer Betrag“.

Der Brand auf der Deponie ist nach 24 Stunden unter Kontrolle, der Zorn der Schwanebecker dagegen ist frisch entfacht. Die örtliche Bürgerinitiative, die ein Drittel der Sitze im Stadtparlament besetzt, plant eine Demonstration. Der von der CDU nominierte Bürgermeister Klemp wird die Ostberliner Stadtreinigung beim Staatsanwalt anzeigen. „Der Betreiber ist nicht in der Lage, seinen Pflichten nachzukommen“, begründet der Bürgermeister diesen Schritt. Womöglich sei das Feuer nicht sachkundig mit Erde erstickt, sondern mit Wasser gelöscht worden, was bei einem tief im Deponiekörper schwelenden Brand wenig helfe. Klemp hat Zweifel, ob die Deponie genügend überwacht wird. Am Wochenende sei in der Regel nur ein Pförtner auf dem Gelände. Im Havariefall müsse der dann zu Fuß ins Dorf laufen, um den Bereitschaftsraupenfahrer zu alarmieren.

Schon vor einem Jahr hatte die Gemeinde einen Forderungskatalog aufgestellt. Binnen ein bis zwei Jahren wünschten die Schwanebecker die Schließung des Müllberges. Aber, klagt Klemp, die Stadtreinigung habe ja in den nächsten fünf bis acht Jahren „keine Alternativen“ zu Schwanebeck. Hans-Jürgen Born, der für die Grünen in der Gemeindevertretung sitzt, bezieht trotzdem die Radikalposition: „Diese Deponie müßte sofort geschlossen werden.“

Zumindest müßten die Giftmülltransporte nach Schwanebeck aufhören, fordert Klemp, denn dafür sei die Deponie auf keinen Fall ausgelegt. Bis heute werden nach den Informationen des Bürgermeisters auf der Müllkippe Arzneimittelreste aus Apotheken und die Rückstände aus der Ostberliner Müllverbrennungsanlage abgeladen. Bis zum 30. Juni seien auch leicht radioaktive Abwässer aus Krankenhäusern dabeigewesen.

Die Sicherungsmaßnahmen wolle man „vervollkommnen“, versicherte gestern Ernst Ramin, zuständiger Direktor für Abfallwirtschaft. Die Ursache des jüngsten Großbrandes könne man jedoch nur „außerordentlich schwer“ oder „gar nicht“ ermitteln. Unterstützung bekamen die Schwanebecker gestern nur vom Ostberliner Umweltstadtrat Holger Brandt (SPD). Er beauftragte Gutachter, die Bodenproben nehmen und Luftmessungen veranstalten sollen. Brandt hatte noch am Donnerstag nachmittag einen Luftmeßwagen der Westberliner Senatsumweltverwaltung herbeigeordert. Weil das Feuer bereits eingedämmt war, als die Meßtechniker ankamen, konnten sie keine auffälligen Luftbelastungen mehr feststellen. Er sei „zu spät informiert“ worden, klagte Brandt gestern gegenüber der taz. Damit das nicht erneut passiert, will der Stadtrat jetzt eine Arbeitsgruppe bilden. Sie soll für bessere Sicherungsmaßnahmen sorgen und einen „Havarieplan“ erarbeiten. Neben verschiedenen Magistratsressorts, der Stadtreinigung und der Feuerwehr soll auch der Kreis Bernau einen Vertreter entsenden.

hmt

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