: taz auf Raum-Patrouille
■ Leerstehende und verfallende Häuser, taz-serienmäßig besucht / Teil vier
Die Gerhard Rohlfs-Straße mitten im Herzen von Vegesack ist zumindest tagsüber von ein- und verkaufender Geschäftigkeit erfüllt. Daß dort, am Beginn der Fußgängerzone, die beiden Häuser 53 und 52a seit mehr als 12 Monaten leergemietet wurden - das fällt erst jetzt so langsam auf: Die beiden Läden im Haus Nr. 53, ein Studio für Musikinstrumente und ein türkischer Versammlungsraum, stehen seit einigen Wochen leer.
„In dem einen Haus haben zwei ältere Damen gewohnt, ich glaube sogar um die 30 Jahre, oder so“, erzählt eine Nachbarin von gegenüber. Die ältere der beiden Schwestern habe geweint, als der Möbelwagen kam. Wie im Hinterhaus hängen auch vorne noch die Gardinen vor den Fenstern, „zur Tarnung“, vermutet
eine andere Nachbarin. Die Familie, die über 20 Jahre lang das hintere Haus bewohnte, hatte schon im März das Feld geräumt: Ihr war, wie den anderen Mietern auch, wegen Eigenbedarf gekündigt worden. „Ob abgerissen wird“, so ein Ladeninhaber in unmittelbarer Nachbarschaft, das wisse man nicht so genau. Neuer Besitzer sei seit vergangenem Jahr ein Geschäftsmann und vielfacher Hausbesitzer, der in der Gerhard Rohlfs-Straße die „Wäscherei Barbara“ betreibt. „Der will wohl mit der Reinigung da rein“, mutmaßt die Verkäuferin von nebenan.
Auf dem Weg zum Haus Nr. 52a durch den Vorgarten muß man mühsam die leere Mülltonne hinterm Gartentor wegschieben. Am Klingelschild steht ein provisorisches „Vahle“ - der Name
des Eigentümers. Im Vorderhaus sind nur die Namen der ehemaligen Mieter. „Wie kommen Sie denn darauf, daß die Häuser leerstehen sollen?“, fragt Vahle jr. auf die Frage nach der Zukunft der Häuser zurück. „Im vorderen Haus wohnt mein Bruder, im hinteren ich.“ Durch die Gardinenspalten hindurch waren allerdings nur gähnend leere Räume zu sehen. Und die prallreifen Brom
beeren in dem riesigen Grundstück hatte auch noch niemand angerührt.
Falls Eigenbedarf nur vorgetäuscht wird, kann der gekündigte Mieter (wenn seine Detektivarbeit den Mißbrauch nachweisen kann) übrigens bei seinem Ex-Vermieter entstandene Kosten (Maklergebühren, Umzugskosten u.ä.) geltend machen, erklärte der Mieterverein.
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