piwik no script img

Und plötzlich brannte der Wagen

■ Prozess wegen mehrerer versuchter Autoschiebereien nach Marokko / Angeklagter erreichte nie das Ziel

Vorgeworfen wird ihnen, 1986/87 drei Autos in Bremen geklaut oder gemietet und nach Marokko verschoben zu haben. Geklappt hat das nur in einem Fall. Seit gestern läuft gegen Gregor D. und seine Bekannten ein Prozess beim Amtsgericht Bremen gegen Menschen, die kleine Deals machen und partout auf keinen grünen Zweig kommen.

Gregor D. brauchte Ende 1986 dringend Geld. Er war ohne feste Beschäftigung und hatte einen Batzen Schulden. Im Sonnenstudio hörte er, daß es einfach sei, Autos nach Marokko zu verschieben. Heiko W. arbeitete zu der Zeit als Autoverkäufer auf Provisionsbasis und Gregor D. nahm während dessen Mittagsschlaf die Schlüssel zu einem Vorführwagen der Marke BMW M 3 an sich. Im Supermarkt um die Ecke ließ er einen Nachschlüssel anfertigen, lud Harald H. zum Tripp nach Marokko ein und startete noch am selben Abend mit der 70.000 Mark teuren Schüssel in Richtung Spanien. Ob Heiko W. von der ganzen Aktion gewußt hat, ist ungeklärt. Die Fahrt ging allerdings nur bis Tours in Frankreich, wo, weil der Nachschlüssel nicht o.k. war, der Anlasser Feuer fing. Das Auto blieb schließlich dort in einer Werstatt stehen und die beiden reisten zurück.

Beim zweiten Versuch mietete Gregor D., im Auftrag einer Freundin einen VW Golf. Für den Verkauf des Wagens in Marokko sollte er von dieser 1.000 bis 2.000 Mark erhalten. In Algeciras, Südspanien, angekommen, wurde die Kiste sofort aufgebrochen und Gregor D.'s Gepäck inklusive seines Passes waren futsch. Nach einigen Tagen im Hotel fuhr er mit dem Zug zurück. Auch diese Fahrt dürfte nicht sehr einträglich gewesen sein.

Im Laufe der Verhandlung interessierte sich Richter Hoffmann brennend für die Umstände des Autoverkaufs in Marokko und handelte sich damit von Gregor D.'s Pflichtverteidiger die Frage ein, ob auch er beabsichtige, Autos in Afrika zu verkaufen. „Nein“, antwortete der Richter, „mit geht es finanziell ja gut“.

Beim dritten Anlauf mietete Dieter S. einen 200er Daimler. Leihgebühr: 500 Mark. Mittels in Hamburg besorgter Blankoformulare stellt Gregor D. neue Papiere her, wobei für den Stempel ein Zwei-Pfennig-Stück herhalten mußte. In Holland wurde ein Nachschlüssel besorgt. Nachdem Gregor D. Dieter S. den Wagen wie verabredet abends vor einer Kneipe „geklaut“ hatte, damit dieser ihn als gestohlen melden konnte, wurde Gregor D. bald an der holländischen Grenze in seinem für Marokko bestimmten Gefährt aufgegriffen.

Besser als Gregor D. kommt wahrscheinlich der Autohändler weg, von dem der BMW stammte - obwohl Richter Hoffmann Versicherungsbetrug witterte. Nachdem der Wagen als gestohlen gemeldet war, hatte ihm der Händler noch eben teurere Felgen und Radio angedichtet. Die waren jedoch nicht vorhanden, als das Auto wiedergefunden wurde.

Wie teuer es ist, wenn man immer wieder vergeblich versucht Autos nach Marokko zu bringen, wird Richter Hoffmann heute verkünden.

krach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen