: Ausnahmerecht um Johannesburg
■ Regierung verstärkt Polizei und Militär in den Townships / Zustand wie vor Gesprächen mit ANC
Aus Johannesburg Hans Brandt
Südafrikas Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, hat gestern die gesamte Region um Johannesburg zum „Unruhegebiet“ erklärt, um der Polizei zusätzliche Vollmachten zu geben und so die politischen Kämpfe in schwarzen Wohngebieten, bei denen seit dem 13.August mehr als 500 Menschen umkamen, zu beenden. Dies bedeutet praktisch die Verhängung des Ausnahmezustandes. Vlok kündigte außerdem eine Verschärfung des Waffengesetzes an, um die Beschlagnahme vor allem von Schußwaffen zu erlauben.
Vlok betonte in einer Erklärung, „normale Gesetze“ reichten nicht aus, um die Gewalt unter Kontrolle zu bringen. Auch andere Maßnahmen seien nicht erfolgreich gewesen - er nannte die Verstärkung der Polizei, Diskussionen mit politischen Gruppen und den Einsatz von Verbindungspersonen zwischen Polizei und politischen Gruppen.
„Wir werden alles in unserer Macht tun, um Gewalt zu verhindern“, sagte Präsident de Klerk am Freitag. Wenn die angekündigten Maßnahmen nicht ausreichten, würde die Regierung weitere Schritte ergreifen. De Klerk hatte Donnerstag abend betont, daß die Regierung mit der Rekrutierung 10.000 zusätzlicher Polizisten begonnen habe. Er forderte ein Ende von Gerüchten, die den Sicherheitskräften vorwerfen, an der Gewalt beteiligt zu sein. Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hatte wiederholt behauptet, Polizisten würden sich auf seiten der Zulu-Organisation Inkatha an den Kämpfen zwischen Anhängern der beiden Organisationen beteiligen.
De Klerk forderte auch ein Ende aller „Proteste, Generalstreiks und Streiks“. Die neuen Freiheiten aufgrund der Reforminitiative der Regierung „werden oft mißbraucht“. Die Regierung behauptete in Verhandlungen mit dem ANC wiederholt, Demonstrationen und Streiks erhöhten das Konfliktpotential.
Am Freitag wurde auch angekündigt, weitere Soldaten sollten zur Unterstützung der Polizei in schwarze Wohngebiete geschickt werden. Zum Teil werden die Soldaten von der schwarzen Bevölkerung als unparteiischer angesehen. Zudem räumten sogar Organisationen wie die „Kampagne zur Beendigung der Wehrpflicht“ ein, daß in einer Krisensituation wie jetzt der Einsatz von Militär gerechtfertigt sei. Doch ANC-Jugendliche in Soweto sagten diese Woche, das Militär sei gekommen, um „uns zu zerstören“.
Der Einsatz von Militär und die Erklärung von „Unruhegebieten“ wird den Verhandlungsprozeß zwischen Regierung und ANC beeinflussen. Zu den wichtigsten Forderungen, die der ANC als Vorbedingung für Verfassungsverhandlungen gestellt hatte, gehörte der Rückzug des Militärs aus Townships und die Aufhebung des Ausnahmezustandes.
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