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Die Hauptstadt ruft

■ Sotheby's kommt

Im Jahr 1744, Ostfriesland fiel gerade durch Erbgang an Preußen, gründet Samuel Baker in London ein Auktionshaus, das, nach dem vierunddreißig Jahre später eingestiegenen John Sotheby benannt, zusammen mit dem britischen Unternehmen Christies den internationalen Kunstmarkt beherrschen wird. Sotheby's, mit einem weltweiten Niederlassungsnetz und einem Jahresumsatz von über anderthalb Milliarden Dollar, wird seit 1987 vom ehemaligen Kunstminister Maggy Thatchers, Alexander Patrick Greysteil Hore-Ruthven Earl of Gowie, regiert.

In den letzten Jahren hat man sich auch verstärkt im Osten eingemischt. 1988 engagierte Sotheby's sich werbewirksam und mit kommerziellem Erfolg in der Sowjetunion. Am 7. Juli wurden in Moskau vor westlichem Publikum und in harter Währung Werke der russischen Avantgarde und der bis dahin kaum bekannten Glasnost-Künstler versteigert. Zum DDR -Kunstmarkt hatte man, den Aussagen des zukünftigen Chefs des neuen Berliner Büros zufolge, nur inoffizielle Kontakte. Nun machen die offenen Grenzen es dem Unternehmen leicht, auch den, soweit noch vorhandenen, Rest zu erschließen. Noch will sich Sotheby's in Berlin nicht stärker engagieren als in Hamburg, Köln oder Frankfurt. Die dortigen Büros sind zwar Anlaufstellen für Käufer und Verkäufer, veranstalten aber keine Auktionen. Lediglich in München kommt ein bis zweimal im Jahr deutsche Kunst unter den Hammer. Doch wenn es nach den ehrgeizigen Plänen Königs geht, könnten in ein bis zwei Jahren auch in Berlin Sotheby's-Auktionen stattfinden, schließlich war die Stadt vor 1933 europäische Kunstmetropole.

Die Hauptstadt wirft ihre Schatten voraus. Bei Sotheby's spekuliert man neben dem Image- und Kaufkraftzuwachs auch auf die sich verändernde Sozialstruktur der Stadt. Dann wird das Unternehmen dafür sorgen, daß das Geld und die Macht sich in einer adäquat repräsentativen Atmosphäre darstellen können.

A. Meier

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