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Baß, bässer, Weber

■ Eberhard Weber im Kito: Star im neuen Tempel

Die Atmosphäre hatte etwas Heimeliges, auch wenn der Herr mit den hellen Zauselhaaren von einer „trockenen Akustik“ sprach. Ein Raum voller Fachwerk, naturbelassenes Holz und rund 150 ZuhörerInnen, das war der Rahmen für ein Solokonzert des renommierten Bassisten Eberhard Weber im Kito in Vegesack. Licht aus, Spot an, ohne einleitende Worte hasten „Ebbos“ Finger ganz weich über die vier Saiten seines elektronisch gestützten Basses Marke „Weber Spezial“.

Eberhard Webers Instrument hat einen spezifischen Klang, das ist bei der Jan-Gabarek-Group so, mit der er kooperiert, und auch beim United Jazz-and-Rock-Ensemble und seiner eigenen Band Colours of Cloe. Fließende Töne strömen in die Ohren des Publikums, oft schwingen markante Klangkonstellationen für eine halbe Sekunde nach und vermischen sich mit nachfolgenden Patterns. Neu ist das nicht, aber außerordentlich sanft für's Gemüt.

In seiner nuscheligen Art, als hätte er beim Sprechen eine Kartoffel im Mund, wird er nach dem ersten Stück eloquent. Jazzmusiker hätten eben kein Recht auf eine angemessene Akustik, erklärt er seine schlechten Erfahrungen, so müsse er halt seine eigene mitbringen. Mit einem um fünf Sekunden verzögerten Hall demonstriert er sogleich, daß er seinen Rhythmus selbst produzieren kann, während er simultan seine Themen ausbreitet.

„Ein Baß-Solo-Konzert?“, fragt er keck, „ich weiß nicht, ob ich da selbst hinginge“. Doch so

anbiedernd ist er gar nicht. Er zupft seine einschmeichelnden Figurationen flink aus den dicken Saiten, die in den Höhenbereichen melancholisch vibrieren, wie gebremstes schweres Metall. Aber auch Gespräche und plappernde Monologe kriechen aus den Lautsprechern, mal erhaben und selbstsicher mit getragenen Linien, um gleich danach hektisch und viel zu eilig abzudriften in neue Ton -Sphären. Hier bin ich, und das sind meine Finger, die euch erzählen.

Der Weber-Sound klingt immer wieder durch. Auch nach kleinen Ausflügen in die krude Welt der Klangexperimente nimmt er sich stilistisch an die Leine und zitiert sich virtuos selbst. So auch, als Eberhard W. ein perkussives Stück anschlägt, mit schrägen Läufen und einigen wunderbar gelungenen Mißverständnissen von Handrücken und Daumen. Als es genug ist, blödeln die Finger Standards aus dem Baß. Die Folge: Drei Zugaben.

Cool J.F.

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