: Was gilt als „humanitäre Hilfe“? Streit um UNO-Resolution
Berlin (taz) - Eine kleine Passage in der am 6. August vom UNO-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution 661 sorgt für Aufregung: Lebensmittel dürfen an den Irak geliefert werden, wenn es „aus humanitären Erwägungen“ für angebracht gehalten wird. Die Frage, wann „humanitäre Erwägungen“ angebracht sind, bietet nun Stoff für endlose diplomatische Erörterungen. Mehrere Staaten, darunter China, Indien, Algerien, Kuba, der Jemen und Jugoslawien, haben ihre Bereitschaft zu Lebensmittellieferungen an den Irak erklärt. Auch Iran soll einigen Spekulationen zufolge darüber nachdenken. Die USA, Frankreich und Großbritannien - die den Großteil der um den Golf versammelten Militärstreitmacht stellen - halten solche Lieferungen jedoch prinzipiell für unzulässig. US-Diplomaten beharren darauf, daß kein Land eingenmächtig entscheiden könne, was aus „humanitärer Erwägung“ angebracht sei und verweisen auf die UNO: Nach der Verabschiedung von Resolution 661 richtete der Sicherheitsrat ein Sanktionskomitee ein, um die Einhaltung der Resolution zu überwachen. Dieses Komitee beauftragte UN -Generalsekretär Perez de Cuellar vergangenen Donnerstag, die Lebensmittellage in Irak und Kuwait zu prüfen. Da das Ergebnis noch ausstehe, sei eine Entscheidung über die Zulässigkeit von Lebensmittellieferungen noch nicht möglich, heißt es in Washington.
Die Frage wird komplizierter, wenn - wie im Falle von Indien - Lieferungen den eigenen, in der Region festsitzenden Staatsbürgern zugute kommen sollen. In einem solchen Fall plädieren die USA für eine Verteilung durch internationale Hilfsorganisationen, um sicherzustellen, daß sie nicht in irakische Hände gelangen. Die UNO sagt zu diesem Problem nichts. Faktisch liegt die Interpretation von Resolution 661 bei den USA, seit mit Verabschiedung von Resolution 665 am 26. August eine Seeblockade gegen den Irak beschlossen wurde. In dieser Resolution werden „diejenigen Staaten, die Marineeinheiten in der Region stationieren“ mit der „strikten Durchsetzung der Bestimmungen von Resolution 661“ beauftragt. Dies macht es den USA möglich, ihre Meinung über die Angemessenheit „humanitärer Erwägungen“ auch militärisch durchzusetzen.
D.J.
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