: Eine Oma für alle Fälle
■ „Oma-Hilfsdienst“ seit neun Jahren in Bremen / „Leih-Omas“ haben Spaß mit „Leih-Kindern“
Die Idee hatte Elfriede Schumacher vor neun Jahren, als ihr Schwiegersohn nach einem Unfall im Krankenhaus lag. Die Tochter wollte bei ihm sein. Frau Schumacher nahm sich Urlaub und hütete die zwei Enkelkinder — in einer anderen Stadt.
Aber Großmütter sind manchmal viel beschäftigt oder sie wohnen einfach zu weit weg, um mal eben einzuspringen. „Was sollen Frauen tun, deren Mütter nicht mal eben alles stehen und liegen lassen können, um ihren “Omapflichten„ nachzukommen?“ fragte sich Frau Schumacher und der Oma-Hilfsdienst war geboren.
Eine „Leih-Oma“ ist kein Kindermädchen, das die ganze Woche über die Kleinen hütet, während Mami zur Arbeit geht. Denn das wäre ein richtiger Job. Die Frauen zwischen 45 und 75 Jahren, sind schließlich auch froh darüber, daß nun die eigenen Kinder aus dem Haus sind oder die Jahre der Berufstätigkeit vorbei sind. Jetzt haben sie wieder Zeit für sich. Deshalb gehen sie höchstens drei Tage in der Woche zu „ihrer“ Familie.
„Die Frauen betrachten es als Hobby“, so Frau Schumacher, „sie wollen mit jungen Leuten zusammen sein und mit den Kindern etwas unternehmen, zum Beispiel gemeinsam Schwimmen oder ins Kino gehen“. Weil die Leih- Omaschaft für alle Beteiligten eine Freude sein soll, verzichten die Frauen auf eine vergleichbare Vergütung: Für eine Stunde mit einem Kind bekommen sie sechs Mark in der Stunde, für zwei Kinder sieben Mark. Kleinkinder sind arbeitsintensiver. Ihre Betreuung kostet acht Mark in der Stunde. Im Notfall drücken sie auch einmal ein Auge zu und kommen umsonst.
Das Büro des Oma-Hilfsdienstes ist an fünf Vormittagen in der Woche besetzt. Dauernd klingelt das Telefon. Die Vermittlung einer „Oma“ kostet 40 Mark. Für weitere 10 Mark monatlich garantiert Frau Schumacher jederzeit „Ersatz“. Denn die Frauen vom Oma-Hilfsdienst wollen sich auch einmal etwas anderes vornehmen oder in Urlaub fahren.
Daß eine „Oma“ der Familie nicht gefällt, ist, so Frau Schumacher, so gut wie noch nie vorgekommen. Aber wenn die Kinder sich an die neue Oma nicht gewöhnen können, dann wird schon mal ausgetauscht. Aus langjährigen Leih-Omas werden zuweilen richtige Familienmitglieder, auch, wenn die einstigen Rangen schon längst groß sind. bear
Oma-Hilfs-Dienst, Buntentorsteinweg 97, Telefon 530153
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen