: „Der Markt sieht für GPA sehr gut aus“
Ein irisches Märchen: Die Flugzeug-Leasinggesellschaft GPA kontrolliert 40 Prozent des Weltmarktes/Die Mitsubishi Bank ist schon mit 15 Prozent dabei ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Tony Ryan, Sohn eines irischen Lokomotivführers, hat den amerikanischen Traum einer ganzen Generation junger IrInnen verwirklicht — und das, ohne dafür in die USA auszuwandern: „Vom Tellerwäscher zum Millionär.“ Nachdem er zwanzig Jahre lang für die irische Fluggesellschaft Air Lingus gearbeitet hatte, seine Arbeitgeber jedoch nicht von den Vorzügen des Flugzeug- Leasing überzeugen konnte, gründete der heute 54jährige Ryan 1975 mit einem Anfangskapital von 50.000 Dollar sein eigenes Unternehmen. Zu den Aktionären von „Guinness Peat Aviation“ — heute „GPA Group“ — gehörten damals neben Ryan die Londoner Handelsbank Guinness Peat Group, und sein einstiger Arbeitgeber Air Lingus.
Heute kontrolliert GPA 40 Prozent des Weltmarktes für das Flugzeug-Leasing. Im Finanzjahr 1989/90 verzeichnete das Unternehmen einen Gewinnzuwachs von 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr: Der Reingewinn betrug 242 Millionen Dollar. Zur Zeit fliegen 68 Fluggesellschaften in 41 Ländern mit GPA-Maschinen, und demnächst soll auch China dazukommen. Die geleasten Maschinen fallen nach einem bestimmten Zeitraum wieder an GPA zurück. Mit dem Verkauf dieser Flugzeuge macht GPA astronomische Gewinne, da die Nachfrage nach gebrauchten Flugzeugen ständig steigt.
Die Bedingungen für die GPA- Firmengründung waren in Irland überaus günstig. Da der Hauptsitz des Unternehmens in der zollfreien Zone des Flughafens Shannon an der Westküste liegt, ist die Firma noch bis Ende dieses Jahres von der Steuer befreit. Auch die Dividende müssen die Aktionäre mit Wohnsitz in Irland nicht versteuern. Das hat noch einen weiteren Vorteil. Die Zinsen, die GPA an die Banken als Hauptdarlehensgeber zahlen muß, werden nach irischem Recht ebenfalls als Dividende behandelt. Da die Banken darauf keine Steuern zahlen, konnte GPA günstige Zinssätze aushandeln.
Seit Anfang der achtziger Jahre wächst GPA mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit. Besaß die Firma 1982 nur 16 Flugzeuge, so stieg diese Zahl 1985 schon auf 53. Heute sind es 245 Maschinen im Wert von 4,8 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus hat GPA für die neunziger Jahre bereits 700 weitere Flugzeuge bestellt oder Optionen darauf erworben. Selbst für das nächste Jahrtausend sind 15 Airbus-340 geordert. „Die Klugheit unserer rechtzeitigen Bestellungen zeigt sich in der Tatsache, daß die meisten Flugzeugtypen bis Mitte der 90er Jahre ausverkauft sind“, sagte Tony Ryan im vergangenen Mai. Wirtschaftsexperte Brendan Dowling gibt ihm Recht: „Inzwischen werden Prämien für frühe Lieferungen bezahlt. Der Markt sieht für GPA sehr gut aus.“
Ryan ist heute nur noch mit 8,1 Prozent am Aktienkapital von GPA beteiligt. Weitere Großaktionäre sind Air Canada, die US-Versicherung Prudential Insurance, das irische Institut Irish Life Assurance, die Long Term Credit Bank of Japan und — seit Mitte der Achziger Jahre und mit inzwischen 15 Prozent: die Mitsubishi Bank.
Neben dem Flugzeug-Leasing ist GPA auch in anderen Bereichen aktiv geworden. Die Tochterfirma GPA Capital entwickelt und vermarktet neue Finanzierungen für den Flugzeugkauf, die steuerlich günstiger oder einfach billiger als Bankkredite sind. So gründet GPA Capital auch Investorenfonds, die als Käufer von Flugzeugen auftreten; interessierte Luftfahrtunternehmen können an diesen Fonds wiederum Anteile erwerben. Auch direkte Anteile an Flugzeugen werden angeboten.
Eine weitere Tochter, GPA Technologies, ist für Investitionen in Unternehmen aus der Luftfahrttechnik zuständig. Seit diesem Jahr ist GPA außerdem beim Ersatzteilgeschäft und der Vermietung von Triebwerken dabei. Darüber hinaus beteiligte sich die Firma mit 30 Prozent an der Gründung von „Shannon Aerospace“, einem gemeinsamen Flugzeugwartungsprojekt mit Swissair und Lufthansa. Und so hat sie exzellente Kontakte zu fast allem, was weltweit fleucht.
Ein Dubliner Finanzmakler, J.& E.Davy, bezifferte den Wert des Unternehmens im vergangenen Jahr bereits auf über 2,3 Milliarden Dollar. Damit wäre GPA das am höchsten bewertete irische Unternehmen — noch vor den beiden Großbanken Allied Irish und Bank of Ireland. Dabei beschäftigt GPA nur 212 Leute, verglichen mit jeweils 10.000 bei den beiden Banken. Das heißt, daß jedeR Angestellte im vergangenen Jahr einen Reingewinn von über 1,2 Millionen Dollar erarbeitet hat. GPA legt auf die Bindung seiner Leute an das Unternehmen großen Wert: Knapp acht Prozent der Aktien sind im Besitz der Angestellten.
Und: Ein so erfolgreiches Unternehmen zieht abgehalfterte wie zwangsweise in den Ruhestand getretene Politiker an wie das Licht die Motten. Im GPA-Aufsichtsrat sitzen der ehemalige EG-Kommissar Peter Sutherland, der ehemalige britische Finanzminister Nigel Lawson und der ehemalige irische Premierminister Garrett Fitzgerald.
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