: Uneindeutiges zum Blasen
■ Senatsgefördertes »Stop Aids«-Projekt nimmt Präventionsarbeiten auf/ Informationen sollen auch Schwule außerhalb der »community« erreichen
West-Berlin. Gestern stellte das Präventionsprojekt »Stop Aids«, das sich im Frühjahr gegründet hatte, sein Arbeitsprogramm für die nächsten sechs Monate vor. Das »Stop Aids«-Projekt wird vom schwulen Infoladen »Mann-O-Meter« getragen und kooperiert eng mit der Berliner Aids-Hilfe und der Schwulenberatung Kulmer Straße. Der Senat fördert das Projekt, das auf zweieinhalb Jahre konzipiert ist, in diesem Jahr mit 430.000 DM. Nach amerikanischem Vorbild sieht Andreas Salmen, der das Projekt initiierte und leitet, die Funktion darin, diejenigen zu erreichen, die sich von bisherigen Aids-Aufklärungskampagnen nicht angesprochen fühlten. Genannt wurden Schwule mit Coming-out-Problemen, nicht-mittelschichtsgebundene Schwule und Schwule aus dem islamischen Kulturkreis.
In der ersten Phase der Projektarbeit soll durch großangelegte Plakataktionen auf das Projekt aufmerksam gemacht werden. Außerdem soll ein kostenloses Info-Blatt 'Nummer Sicher‘ herausgegeben werden, das künftig zweimonatig bzw. vierteljährlich erscheinen soll. Die erste Ausgabe konnte nicht sonderlich überzeugen: Neben kurzweiligem (eine Sex-in-der-U-Bahn-Phantasie etc.) wird ein sogenanntes »Safer- Sex-Lexikon« geboten, das nicht nur unter dem Zwang leidet, zu jedem Buchstaben des Alphabets ein Stichwort zu vermerken; etwa YMCA unter »Y«. Eindeutigere Informationen zum Thema Blasen und Lecken hätte man erwarten dürfen. So fehlt etwa der Hinweis, daß man zwar blasen kann, dabei aber nicht abspritzen sollte. Immerhin soll sich dieses Blatt auch an die wenden, die von bisherigen Aufklärungskampagnen nicht erreicht wurden.
Neben der Öffentlichkeitsarbeit liegt ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des »Stop Aids«-Projekts in der Durchführung und Organisation von Gesprächskreisen, in denen sich Betroffene gegenseitig »schlau« machen. In diesen Gesprächskreisen sollen die unterschiedlichsten Themen besprochen werden können: makrobiotische Ernährung, Erfahrung mit einzelnen Krankheitsbildern (PCP, TB, Kaposi). Fernziel dieser Gesprächskreise, die im Rahmen der Sekundärprävention durchgeführt werden, ist es, ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Arzt und Patient herzustellen, indem die Betroffenenkompetenz gefördert wird. Klaus Lucas
»Stop Aids«-Projekt, Kalckreuthstraße 7, Berlin 30, 242012.
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