: Red-Light-Transfer-Blues
■ Miki Honeycutt und Dana Gillespie gastierten mit Bands im Modernes
Miki Honeycutt schickte erstmal ihre Band auf die Bühne, um das Publikum ein bißchen vorzuwärmen. Dieser Aufgabe entledigten sich die drei Musiker aus Louisiana routiniert, wenn auch die Animationen zum Mitklatschen etwas verfrüht waren. Das Publikum wartete in der hinteren Hälfte des Saales ab und ließ die Musiker vor einer weitgehend leeren Tanzfläche agieren. Drummer Brady Blade trommelte straighte Bluesrock-Patterns, zu denen Gerald Spence einen trockenen Funk-Bass beisteuerte. Keyboarder Jeff Spence bevorzugte einen wimmerigen Hammondsounds.
Nach zwanzig Minuten kam Miki Honeycutt — im siebten Monat schwanger — auf die Bühne. Die Musik gewann an Dichte und die Tanzfläche füllte sich allmählich. Miki Honeycutts Gesang bewegt sich zwischen schneidendem Shouting und rauhrauchigem Gesang. Am Donnerstagabend wirkte sie etwas kurzatmig. Das Material der Honeycutt Band ist eher rockorientiert, insbesondere die eigenen Stücke, dazwischen finden sich Bluesstandards und Soulballaden. Bei letzteren konnte sie mich nicht ganz überzeugen, ihrer Version des Klassikers „When a Man loves a Woman“ fehlte die soulige Tiefe; ähnliches gilt für ihre Coverversion von Anita Bakers „Giving You The Best That I Got“. Am überzeugendsten blieb sie in den bluesrockigen Uptempo-Nummern. Das Publikum war sehr angetan und ließ sie nicht ohne Zugabe gehen.
Die Engländerin Dana Gillespie versammelt in ihrem Programm Bluessongs aus den Jahren 1920 bis 1940. An diesen Stücken aus der Blütezeit des Blues gefiele ihr vor allem zweierlei, bemerkte sie zu Beginn: erstens seien viele von beleibten, selbstbewußten Frauen populär gemacht worden, und zweitens seien die Texte oft anrüchig- zweideutig. Im folgenden boten Dana Gillespie und ihre Band (Ed Deane-g; Mike Paice-as, ts, harm; Dave Rowberry-p; Charlie Hart-b; Chris Hunt-dr) einen mitreißenden Streifzug durch diese Blues-Zeit. Darunter Bessie Smith' „Empty Bed Blues“, Sippie Wallace' „Mighty Type Woman“, Willie Dixons „Spoonful“, der „St.Louis Blues“, um nur einige zu nennen. Was die Songs so lebendig werden ließ, war weniger Dana Gillespies Stimme als ihre Ausstrahlung und das Feeling, das sie rüberbrachte.
Manchmal fühlte ich mich tatsächlich in den Red Light District von New Orleans versetzt. Dana Gillespie, ganz Entertainerin, leitete die Stücke mit kurzen Statements ein, brachte so Entstehung und Stimmung rüber. Ihre fünf Begleiter spielten kompetent und ohne aufgesetzte Schnörkel. Besonders Gitarrist Ed Deane und Saxophonist/Harmonikaspieler Mike Paice hatten einige schöne Soli. Ein runder, angenehmer Auftritt, der Geschmack auf mehr machte. Arnaud
P.S.: Die „Women in (E)Motion“- VeranstalterInnen haben kurzfristig eine Sonderveranstaltung organsiert. Vom 24.9. bis zum 26.9. werden Miki Honeycutt und ihr Pianist Jeff Spence täglich um 22.h in der Kleinen Schauburg ein Duo- programm unter dem Titel „Blues & Roots“ mit Louisiana-Blues-Klassikern machen.
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