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Muskelspiel in Bonn

■ Zum geplanten Abbau der Berlin-Förderungen KOMMENTAR

Eine Woche bevor sie alle zur feierlichen Vereinigung nach Berlin reisen, ließen Bonner Parlamentarier wieder einmal ihre Muskeln spielen — trafen aber die ohnehin nervösen Berliner Politiker ins Mark: Nachdem im Sommer mehrfach Gerüchte aus Bonn eingetroffen waren, daß die Bundeshilfe zum Berliner Haushalt gestrichen werden solle, waren gestern Berlinförderung und -zulage dran. Die wahrscheinlich nur locker im Gespräch geäußerten Vorstellungen der Bonner verfehlten ihre Wirkung nicht: Ein Aufschrei der Entrüstung erging gestern aus Politik- und Wirtschaftskreisen in Berlin. Die Forderungen aus Bonn können, wie andere vorher auch, nur als schlechter Witz betrachtet werden. Es ist keine Frage, daß der berüchtigte Berliner Subventionssumpf in den nächsten Jahren stillgelegt werden muß, daß die Westberliner Begünstigungen langfristig abgebaut werden müssen. Soweit herrscht in Bonn und Berlin Einigkeit ...

Die Einigkeit hört auf, wo der Wahlkampf anfängt, und der läuft bereits auf Hochtouren. Interessanterweise verläuft die ideologische Front hier wie in Bonn nicht zwischen Regierung und Opposition, sondern zwischen Bonn und Berlin: in der Noch-Hauptstadt eine große Koalition für Kürzung der Subventionen, in der Vielleicht-Hauptstadt die gleiche Konstellation dagegen. Es bewahrheitet sich einmal mehr: Bonn ist weit weg von Berlin, und das Bonner Parlamentarierhemd ist einem näher als die Arbeitnehmerzulage in Berlin. Mit ihren Forderungen vom Wochenende hat die Bonner SPD die Berliner GenossInnen erneut im Regen stehen lassen und der CDU bundesweit ein Wahlkampfthema weggenommen: Wo man sich einig ist, ist Wahlkampf überflüssig. Berlin müßte dann Wahlkampf gegen Bonn machen. Die ab 3. Oktober in ganz Berlin faktisch bestehende große Koalition, in der sich die AL nur noch als exotisches Pflänzchen ausnehmen wird, hat einmal mehr schon im Vorfeld funktioniert. Kordula Doerfler

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