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„Spiel des Jahres“ wird kommerziell

Juryverein wird von den Verlagen für Werbung mit dem Kritikerpreis bezahlt  ■ Von Peter Huth

Der wohl populärste und einflußreichste Preis für Gesellschaftsspiele im deutschen Sprachraum wurde kürzlich zum zwölften Mal verliehen. Als Spiel des Jahres wurde „Adel verpflichtet“ von Klaus Teuber auserkoren, das im Verlag F.X.Schmid erschienen ist. Klaus Teuber konnte sich bereits 1988 mit „Barbarossa und die Rätselmeister“ in die Siegerliste eintragen. Der Sonderpreis „Schönes Spiel“ wurde an „Life Style“ der Firma Ravensburg vergeben. „Das Geisterschloß“ von Virginia Charves (F.X.Schmid) darf sich mit dem „Sonderpreis Kinderspiel“ schmücken. Bei der Entscheidung der Jury steht einiges auf dem Spiel: Diese Auszeichnung, schreibt die Spielezeitschrift 'Pöppel-Revue‘, bringt dem Gewinner ein Umsatzplus von fünf Millionen Mark.

Angesichts solcher Dimensionen stößt der Idealismus der Jury — derzeit acht Männer und eine Frau — an seine Grenzen. Immerhin haben sie bisher die Kosten für die Ermittlung der Preisträger aus eigener Tasche bezahlt. Lediglich ein Zuschuß von 5.740 DM floß staatlicherseits in die Kassen des gemeinnützigen Vereins, der den Namen des zu vergebenden Titels trägt. Unter dem Strich blieb jährlich ein Defizit zwischen 7.000 und 9.000 DM. Letztes Jahr wurde beschlossen, daß die Hersteller der prämierten Spiele für die Werbung mit dem Label des Kritikerpreises — einem roter Pöppel mit Lorbeerkranz und der Aufschrift „Spiel des Jahres“ — zahlen sollen. Mit diesem Geld will der Verein die Kosten der Professionalisierung decken: etwa die Einrichtung einer Geschäftsstelle, die Finanzierung der Treuhandstelle, die Öffentlichkeitsarbeit durch eine Werbeagentur oder das aufwendige Preisermittlungsverfahren.

Überschüsse gehen zum Jahresende an den „Förderverein Spiel“. Zu diesem ebenfalls gemeinnützigen Verein gehören neben dem Vorstand des Vereines „Spiel des Jahres“ auch JournalistInnen, die sich mit dem Spiel und dem Spielen beschäftigen. Der Förderverein unterstützt Projekte und Aktionen zur Förderung der Spielidee in Familie und Gesellschaft.

Kontrolliert wird das ganze durch einen Beirat, in dem wiederum Spielhersteller, -handel, -verbände und der Autor des letzten Hauptpreises vertreten sein sollen. Verwaltet werden die Lizenzgebühren durch eine Treuhandstelle, ein Münchner Wirtschaftsbüro. Das Lizenzmodell des Vereins sieht vor, daß die Gebühr sich an der Art des Preises, an der Höhe der Auflage und dem Nettopreis orientiert. Die großen Verlage, die in der Regel auch die Preisträger stellen, haben sich bereits zur Zahlung der Lizenzgebühren entschlossen.

Kritiker behaupten, daß dem Verein „Spiel des Jahres“ allein durch die drei Hauptpreise jährlich 600.000 DM zufließen werden. Schon in drei Jahren könnte der Verein mit jährlichen Lizenzgebühren von etwa 1,5 Millionen Mark rechnen — eine ebenso verlockende wie absurd hohe Summe für einen gemeinnützigen Verein. Bernward Thole, Gründungsmitglied und Sprecher der Jury, winkt ab: Seriös wäre eine Berechnung auf Basis einer 300.000er Auflage für das „Spiel des Jahres“ bei einem Nettoabgabepreis von 15 DM pro Spiel. Die anderen Auszeichnungen erreichten bei weitem nicht dieses Niveau. Außerdem könne man keine Hochrechnungen machen, da die Verlage jederzeit aus den Lizenzverträgen aussteigen können (siehe auch nebenstehendes Interview). Aber auch wenn sie drin blieben und die Einnahmen deutlich unter den Prognosen lägen — allzuviele Möglichkeiten der Bereicherung böten sich schon wegen des Treuhandbüros nicht. Da aber der Verein soviel Geld gar nicht ausgeben kann, würde es am Ende beim Fiskus landen. Wieviel etwa „Adel verpflichtet“ bringt, ist auch noch nicht zu übersehen.

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