: Wohlrabe blockiert Quotierung
■ Der Parlamentspräsident verweigert die Ausfertigung des Landes-Antidiskriminierungsgesetzes/ Verstoß gegen die Verfassung?
Berlin. Der Herr Präsident setzt auf Verzögerung: Jürgen Wohlrabe (CDU), Präsident des Abgeordnetenhauses, will offensichtlich das Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG) nicht ausfertigen, obwohl es bereits in zweiter Lesung behandelt worden ist. Aber auch eine dritte Lesung hat Wohlrabe bisher noch nicht beantragt, obwohl nächste Woche die letzten Sitzungen des Parlaments in dieser Legislaturperiode stattfinden. Gemäß der Berliner Verfassung muß spätestens acht Wochen nach der Auflösung des Abgeordnetehauses ein neues Parlament gewählt werden. Um den Termin 2. Dezember einzuhalten, hält das Parlament am 24. Oktober seine letzte Sitzung. Auf dieser Sitzung soll das sogenannte 2. Mantelgesetz verabschiedet werden, das die Übernahme von Gesetzen für den Ostteil der Stadt regelt.
Wird das Frauenfördergesetz bis dahin nicht ausgefertigt, kann es nicht mehr verabschiedet werden. Im Hause der federführenden Frauensenatorin Anne Klein wird befürchtet, daß das Gesetz auf Jahre blockiert sein könnte. Das LADG sieht neben einer 50prozentigen Quotierung im öffentlichen Dienst erstmals auch Frauenförderung für die Privatwirtschaft vor.
Das Recht auf eine dritte Lesung räumt die Berliner Verfassung dem Parlamentspräsidenten dann ein, wenn er »verfassungsrechtliche Bedenken« geltend machen kann. Üblicherweise geschieht dies über eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes. Diese reichte Wohlrabe aber nicht aus, er will nun noch zusätzlich ein externes Gutachten einholen. »Mit seinem zögernden und hinhaltenden Verhalten«, hieß es gestern in einer Stellungnahme der SPD-Fraktion, gerate Wohlrabe »zunehmend in Widerspruch zu seiner verfassungsgemäßen Pflicht, die vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Gesetze unverzüglich auszufertigen«.
Ob Wohlrabe mit seinem Vorgehen gegen die Verfassung verstößt, ist juristisch umstritten. Er könnte sich darauf berufen, daß explizite Fristen für die Beantragung der dritten Lesung in der Berliner Verfassung nicht vorgeschrieben sind. In der Kommentarliteratur wird allerdings davon ausgegangen, daß es innerhalb einer Woche nach Beschlußfassung durch das Parlament zu einer Entscheidung kommen sollte. Wohlrabe aber läßt sich damit bereits drei Wochen Zeit. Für die Fraktionsvorsitzende der AL, Renate Künast, maßt sich Wohlrabe in seiner Funktion als Parlamentspräsident somit eine inhaltliche Entscheidung über ein Gesetz an, die nur dem Abgeordnetenhaus selbst vorbehalten ist. Helga Lukoschat/kd
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