: Mißbildung durch Vitamin A?
■ Mediziner warnen: Schwangere sollen keine Leber essen
Das britische Gesundheitsministerium hat schwangere Frauen vor dem Verzehr von Leber und Leberwurst gewarnt, weil der hohe Vitamin-A-Gehalt zu Mißbildungen beim Fötus führen könne. Deshalb sei auch von der Einnahme vitaminhaltiger Präparate außer unter ärztlicher Aufsicht abzuraten. Leber galt bisher wegen des hohen Eisengehalts als besonders empfehlenswertes Nahrungsmittel während der Schwangerschaft.
Der Chefmediziner des britischen Gesundheitsministeriums, Acheson, gab bekannt, daß sich Berichte über Mißbildungen des Gesichts bei Babys, deren Mütter Vitamin-A-Präparate während der Schwangerschaft einnahmen, in letzter Zeit gehäuft haben.
Vitamin A wird dem Tierfutter beigemischt, weil es das Wachstum fördert. Seit den siebziger Jahren hat sich der Vitamin-A-Gehalt in der Leber von Rindern, Schweinen und Schafen mehr als verdoppelt. Verschiedene Proben ergaben sogar Werte, die zwölf Mal höher lagen als die empfohlene Höchstmenge während der Schwangerschaft. Das Vitamin trägt zum Schutz der Schleimhäute und zur Bildung des Sehpurpurs bei. Ein Mangel an Vitamin A kann durch zu viel Fernsehen entstehen. Nachtblindheit und erhöhte Anfälligkeit gegen Karies und Infektionen sind die Folge. Das Vitamin und seine Vorstufe Beta-Karotin kommt in Grünpflanzen und Gemüsen, wie Karotten, Spinat und Tomaten, sowie in Orangen, Aprikosen und Hagebutten vor. Der Tagesbedarf liegt bei 1-5 Milligramm Beta-Karotin. Eine höhere Dosis kann zur Vergiftung führen.
Paul Turner, Vorsitzender des britischen Regierungsausschusses über Giftstoffe, sagte, es sei nicht genau bekannt, warum Vitamin A zu Mißbildungen führe. Die Mißbildungen betreffen vor allem die Ohrläppchen, Augen und Augenlider. Es wird angenommen, daß die vorübergehend erhöhten Blutwerte nach der Einnahme des Vitamins dafür verantwortlich seien. Das britische Landwirtschaftsministerium hat den Bauern empfohlen, die Beimischung von Vitamin A zum Tierfutter zu beschränken. Großbritannien importiert jedoch Leber und Leberprodukte zum Großteil aus anderen EG-Ländern. Deshalb hat das Ministerium die Europäische Kommission aufgefordert, eine dringende Untersuchung über die Vitamin-Beimischung zum Tierfutter einzuleiten. Finnland ist neben Großbritannien das einzige Land, das so eine Warnung an schwangere Frauen herausgegeben hat. Ralf Sotschek
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