: “Ein Zuchtbulle im Mastbetrieb“
■ Stimmen aus der Bremer Kunstszene zu den Vorwürfen Professor Wallers
“Absurd! Quatsch! Leeres Gedröhn! Elitäre Reden! Ist ja selber der Zuchtbulle im Mastbetrieb!“ Die pointierten Töne aus dem Munde von Professor Waller (siehe Kasten) sind nicht neu, erregen indes die attackierte Kunstszene heftig. Die taz befragte einige der Be/Getroffenen, „ABM- KünstlerInnen“, KunstfunktionärInnen und die senatorische Behörde, nach ihrer jeweiligen Reaktion.
Hans Wilhelm Sotrop, Künstler, im Bundesvorstand des Berufsverbands bildender KünstlerInnen (BBK), hält die Ausführungen Wallers für „absurd“: Erst hole er groß aus, und dann komme am Ende „ein Mäuschen“ raus, wenn Waller die schändlichen Fördergelder für die frischen HochschulabsolventInnen reklamiert. Die zwei Jahre unter der Brücke glaubt Sotrop nicht, und heute sei Waller doch Teil des „Mastbetriebes“: „Die fettesten Stipendiaten des Staates sind die Professoren an den Hochschulen.“ Historisch seien die Professorenstellen zur Künstlerförderung eingeführt worden.
Michael Lapuks, Druckgrafiker, „ABMler“, hält das Interview für einen „Schlag ins Gesicht für Leute, die Kunst machen. Ich bin auch ABM-Künstler. Sonst müßte ich nebenbei jobben; ich werde schon nicht dick und fett dabei.“ Es gebe nicht zu viel Kunst, sondern nur gute und schlechte. Das hohe Niveau der „Kunst im öffentlichen Raum“ in Bremen wäre, hätte man nur die Initiative von Museen und Galerien, nicht erreicht worden.
Zur Äußerung Wallers, wenn ein Künstler kein Geld verdiene, habe er seinen Beruf verfehlt, fällt Angela Kolter, Künstlerin und BBK-Bremen-Vorsitzende, Herr van Gogh ein. Wenn es in Bremen einen Mastbetrieb gebe, sei „Waller der Zuchtbulle“. Waller als seltsamer Hochschulchef? „Wenn er sagt, die Studenten sind ihm scheißegal, meint er das ernst“, sagt Angela Kolter und erinnert sich daran, wie Waller anfangs an der Hochschule tönte, er nehme keine neuen Studenten auf. Wie er auch Bilder, die ihm nicht paßten, abhängte oder umdrehte. Waller vertrete eine Politik, „einzelne zu puschen; die sich nicht so verkaufen können, haben keine Chance“.
Thomas Kaufhold, Bildhauer, arbeitet zur Zeit im Rahmen der „sozialen Künstlerförderung“ an der Eingangssituation des Hemeliger Rathauses. Er hält die Attacke Wallers zwar für arrogant und dumm, doch die Gefahr einer Versorgungsmentalität schätzt er ähnlich ein: „Das macht bequem, man muß verdammt aufpassen.“ Es komme darauf an, wer die Förderung wie nütze. Er selbst als frischer Absolvent der Kunsthochschule findet die Förderung „sehr wichtig: Ich hatte ein Jahr Zeit, mich zu strukturieren“.
Hans-Joachim Manske von der Kulturbehörde ist Kunsthistoriker. „Historisch findet sich keine Begründung, daß nur die totale Armut zur Kunst führt.“ Wallers Worte seien reine „Künstlerposition“, zumal Waller seine Zöglinge nicht aus der Lehrerposition, sondern als Konkurrenz sehe. Wallers Irrtum: Man könne gute Leute „nicht züchten, sondern nur Bedingungen schaffen“. Die Einschätzung Wallers sei „ehrlich aber hart“, aus der Position, „wenn man einmal oben ist“. Sie bedeute eine „Abqualifizierung der Potenz in der Stadt“ und sei schädlich, weil sie auch im politischen Raum Konsequenzen haben könnte, z.B. Stellenstreichungen. Manske: „Eine tödliche Strategie, die Waller vorschlägt. Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter.“ Manske hält es für sinnvoll, die Kontroverse einmal breiter, mit allen Betroffenen zu diskutieren. Bus
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