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Anpassung der polnischen Banken an West-Standards

In Warschau beraten polnische und westliche Experten über eine Weiterentwicklung der Bankreform/Richtlinien für Bankenaufsicht bekanntgegeben  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Polen will sein Bankensystem an europäische Normen anpassen und damit auch ausländischen Investoren den Zugang zu dieser Branche öffnen. Schon seit geraumer Zeit finden in Warschau Konsultationen zwischen polnischen und westlichen Bankenexperten — darunter auch Vertreter der Weltbank — statt, bei denen Polens Bankenreform analysiert und weiterentwickelt wird. Dabei wurde insbesondere das polnische System der Bankenaufsicht kritisiert, berichtet die 'Gazeta Bankowa‘. Es war bisher ganz auf die Mechanismen einer Wirtschaftsordnung zugeschnitten, in der nur Staatsbanken vorkommen, und beschränkte sich weitgehend auf eine Ex-post-Kontrolle.

Seit nun aber in Polen immer mehr private und gemischte Banken entstehen und die bisher staatlichen Banken selbständig arbeiten können, erweist sich dieses System als zu unflexibel. „Eine Grundlage zum Eingreifen für die Bankenaufsicht gibt es erst, wenn eine Bank bereits dabei ist, in Konkurs zu gehen“, heißt es in einem Arbeitspapier der Bankenexperten. Die Bankenaufsicht, die in Polen von der Nationalbank wahrgenommen wird, müsse dagegen direkt in die Geschäftstätigkeit der Banken eingreifen können, sobald Verstöße gegen Bankenaufsichtsbestimmungen festgestellt werden. Notwendig sei daher die Einrichtung eines umfassenden Monitoring-Systems.

Zugleich empfehlen die Experten eine Abkehr von der bisher äußerst liberalen Refinanzierungspraxis, die, so heißt es, „tatsächlich dazu geführt hat, daß der Refinanzierungskredit zu einer Art Subvention wurde, weil er in jedem Fall gewährt wurde“. Künftig soll die Nationalbank nur „allerletzter Kreditgeber“ sein. Eine Privilegierung der Banken bei der Befriedigung von Ansprüchen aus Konkursmassen lehnen die Experten ab, dies dürfe nur eine Frage der zuvor vereinbarten Kreditsicherungen sein, nicht aber gesetzlich vorbestimmt werden. Zur Kreditsicherung empfehlen die Experten weiter eine Ausweitung des in Polen bisher nicht praktizierten Hypothekenwesens. Das polnische Fernsehen berichtete von ersten Versuchen in diese Richtung: Krakauer Banken vergeben bereits Hypothekenkredite zur Sanierung reprivatisierter Altbauten in der Innenstadt.

Das Haupthindernis bei der Einführung westeuropäischer Standards bei der Bankenaufsicht sieht Ryszard Kowalski, Pressereferent der Polnischen Nationalbank, in dem Umstand, daß die meisten Banken ihre bisherige Aktiva-Struktur noch nicht geändert haben. So sehen die derzeitigen Bankenaufsichtsbestimmungen einen Eigenkapitalkoeffizienten von 8 Prozent vor, „doch der wird noch von den wenigsten polnischen Banken erreicht“, so Kowalski. Da man davon ausgeht, daß ausländische Banken an solche Eckdaten gewöhnt sind, gelten sie einstweilen nur für sie. Kowalski: „Wir wollen gemäß den EG-Richtlinien auch die Begrenzung einführen, daß Großkredite an einen Schuldner oder eine Schuldnergruppe 15 Prozent des Haftkapitals nicht übersteigen dürfen. Aber wenn wir das machen, gibt es einen Bankenaufstand.“ So steht die 15-Prozent-Marke erstmal nur in den Bestimmungen für die Gründung von Banken mit ausländischem Kapital.

„Anders als für sonstige Joint- venture-Betriebe unterliegen Investitionen im Bankenbereich nicht dem Joint-venture-Gesetz“, erläutert Kowalski, „sondern dem Bankengesetz, dem Gesetz über die Nationalbank und dem Handels- und Devisengesetz.“ Somit erteilt die Nationalbank die Betriebsgenehmigungen, nicht die Agentur für Auslandsinvestitionen. Um eine Bank eröffnen zu dürfen, muß sich der ausländische Partner mit mindestens sechs Millionen Dollar beteiligen, der Anteil des polnischen Partners wird dabei nicht festgelegt. Eine hundertprozentige Auslandsbeteiligung ist möglich. Die Unternehmensform als Aktiengesellschaft ist notwendig. Im Vorstand soll mindestens ein polnischer Staatsbürger sitzen. Eine Bank muß von mindestens drei juristischen oder zehn natürlichen Personen gegründet werden, die zugleich entsprechende Gebäude für den Bankbetrieb vorweisen müssen. In einer Genehmigung kann der Gewinntransfer auf bis zu 100 Prozent festgelegt werden. Anders als Betriebe dürfen Banken mit Auslandsbeteiligung natürlich auch Konten in ausländischen Valuta führen, im Ausland dürfen Joint-venture- Banken allerdings nur dann Mittel anlegen, wenn sie auch dort erwirtschaftet wurden — der Kapitalverkehr bleibt eingeschränkt.

„Unser Ziel ist es, nicht nur Großbanken nach Polen zu holen, sondern auch kleineren polnischen Banken zu Kapital- und Know-how-Spritzen aus dem Ausland zu verhelfen, wie etwa Kurons Bank“, erklärt Kowalski. Sozialminister Kuron ist dabei, eine „Bank für soziale Initiativen“ zu gründen, die über Umschulungen und die Finanzierung von Kleinbetrieben die Arbeitslosigkeit bekämpfen soll. Westliche Bankenfachleute in Warschau vermuten, daß die Regierung den Großbankensektor nur langsam für Auslandskapital öffnen will. Die Konkurrenz aus dem Westen könnte sonst angesichts der Rückständigkeit des polnischen Bankensektors bald zu einer Pleitewelle bei den erst kurze Zeit selbständigen oder sogar neugegründeten Banken führen.

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